1. Endspiel


    Datum: 15.05.2020, Kategorien: Humor Autor: Dingo666

    ... verloren."
    
    "Vier Minuten Nachspielzeit."
    
    Anspiel der Engländer. Sie spielten langsam, verzögert. Auf Zeit. Na klar, die Scheißer! Aber schon war Müller da, grätschte in einen Pass, und schnappte sich den Ball. Maguire und Stones rasten von zwei Seiten auf ihn zu. Doch bevor sich die Zange schloss, schlenkerte der Ballzauberer die Kugel nach rechts, zu Kroos. Der mobilisierte die letzten Reserven und dribbelte um Rice herum, trickste Trippier aus, und zog ab. Pickford warf sich in die äußere Ecke, hing in der Luft, gestreckt wie ein Stillleben, doch der Ball wischte an seinen Fingern vorbei.
    
    "Zwei zu zwei." Bob sagte das so ruhig, als würde er über das Wetter reden. Der Sprecher im Fernsehen schien dagegen einem Herzinfarkt nahe. Ein englischer Fan wurde gezeigt, in Großaufnahme. Er hieb sich immer wieder hart gegen die eigene Stirn, die Miene zu einer Fratze der Verzweiflung verzerrt.
    
    "Mein Gott." Selbst Tina zeigte sich jetzt infiziert vom Fußballfieber. Sie kniete neben den Sessel, die Hände wie zu einem Bittgebet erhoben, in Richtung Fernsehaltar. "Mein Gott!"
    
    Gemeinsam verfolgen sie so die Verlängerung. Erlebten das Wunder. Das drei zu zwei, als Goretzka einen Freistoß aus zwanzig Meter verwandelte. Der vierte Treffer, ein Solo des eingewechselten Musialas. Und in der hundertachtzehnten Minute als krönender Abschluss dieser weite Abschlag von Neuer ganz vor zu Gnabry, und der rannte praktisch mit dem Ball ins Tor, mitten durch die demoralisierten Briten ...
    ... hindurch.
    
    "Fünf zu zwei. Ich glaub´s nicht!" Tina schüttelte den Kopf. Ihre Wangen glänzten rot erhitzt, in den Pupillen glitzerten die Sonnenreflexe der Südsee. Sehr anziehend. Als ob sie gerade Sex gehabt hätte.
    
    Bob erhob sich. Langsam. Feierlich. Er nahm Tina an den Händen. Das fühlte sich beinahe so an wie damals in der Kirche, mit Emily. "Sie dürfen die Braut jetzt küssen", hatte der Pfarrer verkündet. Ihre Augen hatten an diesem Tag auch so gestrahlt.
    
    "Ich darf dich jetzt küssen." Er zog sie näher. "Wir haben gewettet."
    
    "Richtig..." Sie leistete keinen Widerstand. Ja, sie schien nicht einmal besonders unglücklich über die Niederlage bei der Wette. Die Lippen waren leicht geöffnet, und ihre tiefblauen Augen glommen unter den Wimpern hervor.
    
    Er zog sie in seine Arme. In Zeitlupe. Immer noch erwartete er ihren Widerstand. Wie lange hatte er sich das schon gewünscht, und wie lange hatte sie ihm freundlich, aber bestimmt signalisiert, dass da niemals etwas laufen würde? War das die Magie des Fußballs? Der Zauber dieses unglaublichen Husarenstücks der deutschen Elf?
    
    Ihre Lippen trafen sich. Leicht, sanft. Ein Kuss, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. Sie schmeckte so gut. Herb und frisch, wie ein Tagesanbruch an der Küste, scharfer Seewind plus Sonne. Seine Arme legten sich um ihren Rücken, und sie kam ihm entgegen.
    
    "Mh..."
    
    Sie seufzte leise und schloss die Augen, versank ganz in diesem unerhörten Kuss. Er hielt sie umfangen, spürte sie, ihren ganzen, ...
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