1. Geheimnisse von Nonnenwerder 11


    Datum: 01.06.2020, Kategorien: Humor Autor: A-Beatrye

    ... war weit und breit keine Spur. Jetzt begann das frieren erstmal so richtig.
    
    Meine Lippen, meine Finger und meine Zehen waren schon komplett blau, als Anna und Cloe mich endlich fanden. Ich hatte mir alle nassen Sachen ausgezogen und trug sie als Bündel vor mir, aber es war Schweine kalt. Auch der Joginganzug, den sie mir gaben, machte mich nicht mehr wirklich warm. Sie verfrachtete mich ohne Umwege in die Dusche der Sporthalle. Als das warme Wasser meine Haut berührte, schrie ich wie am Spieß und heulte dann in Annas Armen, weil ich wirklich das Gefühl hatte, dass ich verbrühe.
    
    „Ich glaube nicht, dass wir heute noch zu deiner Oma gehen“, sagte Anna. „Du gehörst ins Bett.“
    
    „Aber ich habe es versprochen“, sagte ich.
    
    „Dann hättest du nicht in das Wasser steigen sollen“, sagte Anna sanft. „Deine Oma würde dich genauso ins Bett verfrachten.“
    
    „Das würde sie wohl.“
    
    Das Abenteuer dieser Nacht hatte tatsächlich ein Nachspiel. Ich hatte die heftigste Erkältung, an die ich mich je erinnern konnte. Meine Nieser waren im ganzen Stockwerk zu hören. Meine Freundinnen kamen abwechselnd, um mich ...
    ... zu versorgen. So gar die Schwester und die Oma kamen, um nach mir zu sehen. Natürlich wollten sie wissen, wo ich mir das geholt hatte. Der Nonne sagte ich, dass ich mich bei Spazieren zu dünn angezogen hatte. Meiner Oma erzählte ich vom Baden im Rhein.
    
    „Ich müsste eigentlich mit dir schimpfen, wenn ich das nicht auch schon mal gemacht hätte.“
    
    „Wann bist du denn im Rhein geschwommen?“
    
    „Ich war auch hier auf der Schule, weißt du?“, sagte sie. „Aber ich bin mit dreizehn abgehauen, weil ich aus dem Provinznest raus und in die große weite Welt wollte. Ich wollte per Anhalter nach Berlin, aber kurz vor der Zonengrenze, lag ich dann mit einer riesen Erkältung im Bett einer Jugendherberge. Da wäre beinahe alles vorbei gewesen, aber dann kam da eine Studentin mit ihrer Tochter vorbei und die hat mich dann mitgenommen.“
    
    „Und wer war sie?“, fragte ich.
    
    „Das bleibt mein Geheimnis. Aber ich werde dir mein Tagebuch vererben, dann kannst du alles nachlesen. Dann sind aber garantiert alle anderen tot.“
    
    „Da steht dann auch drin, wer dein erster war?“
    
    „Und auch wer die erste war“, grinste Oma. 
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