1. Aufruf zu einem neuen Wettbewerb


    Datum: 15.01.2022, Kategorien: CMNF Autor: Anonym

    ... nur einige der Fragen, die meine Freundin zu beantworten hatte. Mir fiel auf, dass eine Dame, welche am Ende der Tischreihe sass, sich als einzige keine Notizen machte, sondern unentwegt meine Freundin begutachtete und nur hin und wieder vereinzelt eine Frage in den Raum warf. Anscheinend beurteilte sie nicht die Antworten, sondern einzig das Verhalten meiner Freundin während dem Gespräch.
    
    "So! Ich glaube das genügt!", unterbrach der Direktor plötzlich das Interview und betätigte eine auf seinem Tisch angebrachte Klingel. Kurze Zeit später betrat eine junge Frau, etwas jünger noch als meine Freundin, den Raum. "Würdest du dich jetzt bitte vom Stuhl zu erheben?" sprach sie meine Freundin mit einem warmherzigen Lächeln aber doch bestimmt an. War sie wohl selbst Schauspielerin hier? Seltsamerweise trug sie einen Wäschekorb, den sie nun ablegte. Weshalb um alles in der Welt brachte sie bloss einen Wäschekorb mit in den Raum? Dem nicht minder verwunderten Gesichtsausdruck meiner Freundin konnte ich ablesen, dass sie sich wohl die selbe Frage stellte. Trotz allem Nachdenken konnte ich schlicht und einfach keine Antwort finden. Nun, das kleine Geheimnis wird sich bestimmt bald lüften, beruhigte ich mich selbst. Und zum weiteren Nachdenken hatte ich auch gar keine Zeit. Denn schon hatte die junge Dame den Stuhl, auf dem eben noch meine Freundin sass, entfernt, und erneut ergriff nun der Direktor das Wort. "Wir treten nur zum eigentlichen Casting über. Haben Sie denn für heute ...
    ... irgendwelche Rollen vorbereitet?" "Ah... nein... aber es gibt ein paar, die ich vorführen kann", hörte ich meine Freundin sagen. "Das ist gut!" erwiderte der Direktor. Zuerst durfte bzw. musste sie noch einige Monologe aus ihrem Repertoire zum Besten geben sowie einigen Spielanweisungen der Jury Folge leisten. Dann meldete sich wieder der Direktor zu Wort. "Nun, wie Sie bestimmt selbst wissen, sind Emotionen im Theater von entscheidender Bedeutung. Denn wenn sie nicht echt wirken, kommt das beim Zuschauer nicht an und wirkt schlicht und einfach lächerlich." In der Folge musste meine Freundin sozusagen auf Befehl herzhaft lachen, sich verängstigt zeigen, heulen, ja sogar einmal die Jury aufs übelste beschimpfen. Immer wenn sie mitten in einer Emotion war kam eine neue Anweisung aus der Reihe der Jury, nur in Form eines einzigen Wortes: "Lachen! ... Jetzt weinen! ... Ein Wutausbruch bitte sehr!" Ehrlich gesagt, ich hätte das nie gekonnt und staunte ob der Verwandlungsfähigkeit meiner Freundin.
    
    "Gut, wie Sie wissen sind wir ein ja ein junges und aufgeschlossenes, ich möchte beinahe schon sagen, alternatives Theater, welches in seinen Stücken das tägliche Leben wiedergibt, der tägliche Wahn halt. Da kommt es ganz unvermeidlich hin und wieder vor, dass man auf der Bühne manchmal auch etwas mehr von sich preisgeben muss, wenn Sie wissen was ich meine." "Ich glaube ja...", sagte meine Freundin nach einigem Zögern unsicher. "Nun, wir wollen nicht lange um den heissen Brei herum ...
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