Pfarrhaus 02
Datum: 06.06.2019,
Kategorien:
Transen
Autor: byGesa
... aber was konnte ich machen? Brustprothesen und Hormonbehandlung hörten sich zudem auch nicht gerade billig an. Das musste ich vorher wissen, bevor ich überhaupt auch nur daran dachte.
„Ich fürchte das wird nicht gerade billig sein, stimmt das? Was ist denn billiger von den beiden Alternativen?"
Sein Freund kam gar nicht erst zum Antworten, denn der Pater war sofort und forsch am Reagieren, ohne auch nur eine Sekunde abzuwarten.
„Das spielt gar keine Rolle, die Kosten übernehme ich. Wir werden sobald als möglich beide Möglichkeiten ausnutzen. Etwas anderes kommt gar nicht erst infrage." Sein Freund war genauso verdutzt wie ich bei seiner entschlossenen Antwort und dem resoluten Ton, den er dabei gebrauchte. Hatte ich denn dabei gar keine Wahl? Dann überraschte der Pater uns beide.
„Ja, natürlich ist das so. Georg Maria kann wegen des Alters natürlich nicht weiter in einem Knabenchor auftreten. Mit seiner hohen Stimmlage kann er aber weder als Tenor und Solist arbeiten noch irgendwo in einem Chor eine Männerstimme belegen -- ist das nicht klar? Jedenfalls nicht als Georg in unser heutigen Zeit, wo Kastratenstimmen im normalen Musikgeschäft verpönt sind. Die einzig umsetzbare Möglichkeit besteht doch darin, dass er als Maria eine brillante Sopranistin darstellen kann, die dann auch weiterhin Karrieremöglichkeiten erhält. Um als Maria glaubhaft zu sein, müssen beide Möglichkeiten schnellstmöglich genutzt werden. Noch Fragen?" Jetzt war ich noch mehr verdutzt als ...
... vorher. Diese Begründung hatte ich weiß Gott nicht erwartet. So ganz verkehrt war es ja nicht, was er gesagt hatte. Das hatte ich ja schon selber am eigenen Leib verspürt, dass ich weder Knabenchören noch in sonstigen Chören erwünscht war.
Aber mich als Sopranistin zu sehen, war nun auch eine abenteuerliche Vorstellung, die mir nicht ganz einleuchtete. Wie kam der Mann bloß immer auf so absonderliche Ideen? Rein vom Singen her mochte das ja noch kein Ding der Unmöglichkeit sein, aber eine brillante Sopranistin stand immer im Licht der Öffentlichkeit -- und das ging ja nun gar nicht! Also, das konnte ich nicht so stehen lassen. Ich stellte das zwar als Frage, aber meinte es eigentlich nicht so:
„Pater, eine Solistin kann doch nicht ohne Vorgeschichte so einfach aus der Versenkung auftauchen, nicht wahr?"
Das brachte ihn überhaupt nicht aus der Ruhe. Er lächelte strahlend und antwortete so klar, als ob das nie eine Frage sein würde.
„Maria, deshalb fängst Du ja auch erst einmal an im Kirchenchor zu singen, während Du gleichzeitig meine Haushälterin ist. Natürlich wird der jetzige Chorleiter in der Pfarrkirche Dein Talent entdecken -- und von da an ab wird es sich immer weiter entwickeln. Ich werde schon dafür sorgen, dass Du alle Deine Lektionen in der musikalischen Weiterbildung strikt einhalten wirst, sonst wirst Du die fälligen Konsequenzen spüren. Das wird Deine Vorgeschichte sein."
So wie er das formulierte klang es ja nicht so abwegig, wie es mir ursprünglich ...