Der Cassandra Komplex
Datum: 24.08.2023,
Kategorien:
Romantisch
Autor: postpartem
... Ich... war niemals Nutznießer irgendeiner sexuellen Revolution. Eher... der traditionelle Versager, der sich in seiner als Not empfundenen Lage... den Diensten des sogenannten ältesten Gewerbes der Welt versichert hat."
Ihre Verblüffung war echt und schien so tief zu sein, dass sie zunächst nicht antworten konnte. Oder wollte?
"Ja, ich habe nur und ausschließlich mit einigen Prostituierten geschlafen. Bis kurz nach meinem dreißigsten Lebensjahr, bei unregelmäßigen, meist höchst unbefriedigenden Begegnungen, bis ich diese für moralisch nicht mehr vertretbar hielt."
"Damit meinst du...", forderte sie mich zu weiteren Erklärungen auf.
Ich seufzte.
"Du willst das wirklich wissen?"
"Doch, absolut. Ich glaube, es ist sogar ganz wichtig, um dich wirklich zu verstehen."
"Gut. Du bist die erste, die davon erfährt. Es war mir von jeher unangenehm. Bevor ich zum Bund kam, hatte mir ein guter Freund empfohlen, auf diese Weise doch endlich meine "für ein Alter von neunzehn Jahren absolut schmähliche Jungfräulichkeit" loszuwerden und empfahl mir ein einschlägiges Etablissement, das hier ganz in der Nähe war. Was ich dann nicht aufsuchte, weil es einfach zu nahe an unserem Haus war und ich Angst hatte, dort beim Hinein- oder Herausgehen von einem Bekannten oder Nachbarn gesehen zu werden. Stattdessen ging ich zum Rotlichtviertel in der Innenstadt."
"Zum Steintor?"
"Genau. Erst habe ich mich dort nur einige Male herumgetrieben, bin in ein Pornokino gegangen, um in ...
... Stimmung zu kommen, sozusagen. War aber trotzdem viel zu verunsichert, um mich tatsächlich an die wenigen mutmaßlichen Prostituierten zu wagen, die ich sah. Die mich nicht einmal direkt ansprachen, wie ich insgeheim gehofft und erwartet hatte. Beim nächsten Besuch wagte ich mich dann sogar schon in eine Striptease-Show. Aber damit hatte ich meinen Mut dann erschöpft. Beim dritten Besuch war es dann eine dieser Live-Shows, die noch expliziter waren, wo man Münzen in einen Automaten schmeißen musste, eine kleine Sperre herunterfuhr und man für einen begrenzten Zeitraum dann einen freien Blick auf eine nackte... und masturbierende Dame bekam... Noch nie hatte ich einen so expliziten lebendigen Einblick in Sexualität bekommen. Und gleichzeitig einen Blick von ihr, wie, Junge, was machst du denn hier? Du gehörst hier nicht hin."
Ich wagte einen kurzen, verunsicherten Blick in ihre Richtung. Erzählte ich zu viel, wollte sie das alles gar nicht wissen, zu viele Details?
"Verstehe... es fiel dir schwer, es durchzuziehen, also versuchtest du dich anzunähern", unterstützte sie mich, ohne dass dabei ersichtlich wurde, was sie dabei und darüber dachte.
"Ja, so war es. Dann... beim vierten Mal... quasi als alter Hase in diesem Milieu...", versuchte ich eine heitere Note in diese peinliche Erzählung zu bringen. "...startete ich wie beim ersten Mal in einem Pornokino, hatte aber bei meinen vorherigen Besuchen eruiert, dass es einen schmalen Gang zwischen diesen Etablissements gab, ...