Der Cassandra Komplex
Datum: 24.08.2023,
Kategorien:
Romantisch
Autor: postpartem
... man das sehr schön, aber man kann das bei vielen, die beide Seiten ihrer Persönlichkeit auch leben und sich nicht in einer davon einkerkern, in mehr oder weniger deutlichen Ausprägungen sehen."
"Das ist wirklich interessant. Warum nehmen wir es aber nicht wahr, wenn wir sie ohne diese Trennung sehen? Da wirken ihre Züge eigentlich sehr harmonisch."
"Das siehst du völlig richtig. Da macht unser Bewusstsein etwas Interessantes... es stellt dir ein Gesamtbild zu Verfügung, wo es die eine oder andere Hälfte so vervollständigt, wie die, die dich in dem Moment mehr anspricht. Sagen wir, du triffst diese Frau und ihre intellektuellen Kapazitäten beeindrucken dich. Du wirst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ihr Gesicht mehr von maskulinen Zügen dominiert sehen. Wenn dich ihre Emotionalität anspricht, das genaue Gegenteil."
Stimmt, diese Tendenz der Autovervollständigung war mir in der psychologischen Literatur schon öfter begegnet, wie beim Kindchen-Schema und ähnlichem. Wow. Langsam konnte ich ihre Faszination und Beschäftigung mit diesem Themenkreis nachvollziehen.
"Wie gesagt, fang mit dem Dychtwald an, dann kannst du dich durch diese Reihe hier durcharbeiten, wenn es dich weiter interessiert. Die hast du übrigens thematisch perfekt eingeräumt, ohne dass ich dir das vorgegeben habe. Die Werke von Alexander Lowen, da geht es los und dann bis runter zu dem Taschenbuch von Feldenkrais."
"Du hattest sie sicher ähnlich in deiner alten Wohnung stehen, das ...
... ist nicht wirklich meine Leistung... aber da hast du meine Neugier jetzt wirklich geweckt, das klingt hochinteressant."
"Wie gesagt, nimm dir die Friday ruhig mit aufs Zimmer. Nicht nur ihr Gesicht ist interessant. Auch wenn es hier wieder um den anderen Themenkreis geht, an den ich dich gerne heranführen möchte."
Neugierig blätterte ich ein wenig durch das Werk und las eine kurze Passage. Hoppla. Das war... richtig explizit. Und nicht weniger interessant. Da hatte sie völlig Recht.
"In Ordnung, auch damit werde ich mich beschäftigen. Danke", gab ich dem neben einer leichten Erregung dominierenden Gefühl Ausdruck. Sie stand ganz dicht neben mir und lächelte fein. Dann tat ich etwas für mich selbst Überraschendes. Ich umarmte sie kurzerhand und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Wange. "Für alles."
Und erlebte im gleichen Moment zum allerersten Mal das Gefühl, dass sie ganz genau verstand, was ich damit ausdrücken wollte, dass wir zum allerersten Mal auf einer Ebene miteinander kommunizierten, die absolut nichts mit Worten oder Rationalität zu tun hatte. Intuitiv erfassten, was den anderen bewegte und zum Ausdruck brachte.
In meinem Fall wirklich eine tiefe Dankbarkeit, Vertrauen und Zuneigung. In ihrem Freude darüber, über diesen Durchbruch, aber ebenso Vertrauen und Zuneigung. Nicht mehr. Hier war kein Zweck, kein Hintergrund, kein um zu. Es war einfach ein natürlicher, authentischer Ausdruck dieses Gefühls einer Bewegung, aufeinander zu. Die aber auch die ...