Pfarrhaus 01
Datum: 29.11.2023,
Kategorien:
Transen
Autor: byGesa
... anderen oder gar dem Pater reden zu müssen. Vielleicht war das feige, aber ich war genügend durcheinander, dass mir das schnurzegal war. Ich weiß nicht, was ich gedacht hatte, aber die Ereignisse hatten mich aus dem Gleis geworfen.
Das Internat ließ nur wenig private Rückzugsräume zu, aber wenn man krank war, dann konnte man auf dem Zimmer bleiben, während alle anderen am Unterricht oder anderen Aktivitäten teilnehmen mussten.
Peter Müller war amüsiert
Eine Nachricht, mit der er schon gerechnet hatte, traf bei ihm ein. Georg Singer bekam kalte Füße. Der junge Mann war einfach so naiv, dass er sich nicht richtig hatte vorstellen können, was der Pater wirklich wollte. Anscheinend hatte der gute Georg angenommen, dass es damit getan wäre, ein paar Kleider anzuziehen und ansonsten ab und zu mal im Chor zu singen.
Überraschung! Es war nicht damit getan. In einer Hinsicht war er amüsiert, wie leichtfertig der Bursche sich in eine Situation gegeben hatte, die er nun so schwer akzeptieren konnte. In anderer Hinsicht tat er ihm leid, aber warum hatte er sich auch durch die Stasi anwerben lassen müssen? Wenn er sich strikt geweigert hätte zu spionieren, dann wäre er vielleicht für ein Jahr festgehalten worden im schlimmsten Falle, aber dann wäre er früher oder später freigekommen. Jetzt sah die Sache hingegen anders aus. Er war beim Spionieren für die Stasi erwischt worden -- da gab es kein Pardon.
Er bestellte den jungen Mann für ein Treffen im Hamburger Stadtpark ein. ...
... Eine Nachricht per Brief war einfach nicht angebracht, das würde unter Umständen zu Panikreaktionen führen. Das konnte er jetzt nicht gebrauchen.
Er machte sich keine Illusionen darüber, dass der junge Mann lange bei der Stange bleiben würde. Es war in Ordnung, sobald Hauptmann Wiesler lange genug daran glaubte, einen Topspion in der Führungsakademie zu bekommen, um sich so weit zu exponieren, dass es dort intern zu einem Prestigeprojekt für ihn werden würde. Es war also enorm wichtig, dass Georg solange mitspielte, bis Wiesler glaubte, einen Spion etabliert zu haben in Hamburg.
Dann würde sein ihm verhasstes Gegenüber beim Stasi eine krachende Niederlage erleben, wenn die Affäre zwischen Georg und dem Pater zu kurz blieb, um ausgenutzt werden zu können, weil die fehlende Kontrolle von dem Agenten durch den Hauptmann zu dem Desaster für den Stasi geführt hätte. Allein das wäre schon ein glänzender Erfolg für ihn persönlich, wenn er die Nachricht bekommen würde, dass der Hauptmann degradiert werden würde, wie es wahrscheinlich war.
Eine spätere und noch süßere Niederlage wäre nur dann möglich, wenn der junge Bursche lange genug die Rolle als Haushälterin spielen würde, woran er nicht glaubte. Falls doch, wäre es natürlich viel glanzvoller, weil auch der Chef von Wiesler realisieren würde, dass alle Meldungen von Georg nichts wert waren, sondern der ach so clevere Hauptmann Wiesler einem Doppelagenten aufgesessen war. Der Desinformationsschaden für den Stasi wäre groß, ...