1. Auf der guten Seite der Grenze


    Datum: 31.08.2019, Kategorien: Erotische Verbindungen, Autor: byDingo666

    ... musste ihn einfach verschwörerisch angrinsen, es ging nicht anders. Seine Augen glommen in einem ungewöhnlichen Eisgrau. Das Bild eines Huskys ging ihr durch den Kopf. Nein, das passte nicht ganz. Er strahlte ganz und gar nicht die Unterwürfigkeit eines Hundes aus.
    
    Er zwinkerte nochmals und wandte sich wieder nach vorne. Seine lange Gestalt hing in einer betont entspannten Haltung auf dem Stuhl. Vermutlich verbarg sich dahinter eine Geisteshaltung, die ihrer eigenen ähnelte. Sie musterte sein rückseitiges Halbprofil, dankbar für die Ablenkung.
    
    Groß und breitschultrig unter dem neutralen Hemd. Sehnige Arme, braun gebrannte Haut. Die kurz geschnittenen Haare in einem undefinierbaren Ton zwischen blond und dunkel wirkten ein wenig struppig. Aus der Linie seines Nackens las sie verhaltene Energie. Er lauerte. Bestimmt kein Hund. Wenn schon, dann eher ein Wolf.
    
    Diana war ihrem Blick gefolgt und zog eine Augenbraue hoch. Schnell sah sie wieder zum Flipchart. Der Typ mochte interessant aussehen, aber sie war nicht wegen eines Abenteuers hier. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass sie einen Ehering am Finger trug.
    
    Der Minutenzeiger an der Wanduhr bewegte sich mit sadistischer Gemächlichkeit vorwärts. Sie unterdrückte erneut ein Seufzen. Noch eine halbe Stunde bis zur ersten Kaffeepause.
    
    „Pass auf dich auf. Und überanstreng dich nicht, hörst du? Lass es langsam angehen, nach allem."
    
    Das hatte Detlef zu ihr gesagt, als sie nach dem Frühstück ins Auto gestiegen ...
    ... war. Sie hatte gelächelt und sich von ihm umarmen und küssen lassen. Dabei fühlte sie sich wie eine Katze, die man gegen ihren Willen herzt. Sie wollte weg, wollte raus, wollte es ganz und gar nicht langsam angehen. Fast vier Jahren zu Hause gehockt! Jetzt lechzte sie nach Aktivität. Nach Freiheit.
    
    Dieses neue Medikament hatte die Muskelkrankheit bezwungen, durch die sie ewig ans Bett gefesselt war. Die Ärzte wagten anfangs kaum zu glauben, dass sie so gut auf den Wirkstoff ansprach. Sie hatte trainiert, lange und eisern. Erst in der Reha, dann im Sportstudio. Jetzt war sie gesund, hundertprozentig fit und brannte auf Action! Zurück ins Leben, endlich!
    
    Doch ihr Mann behandelte sie wie ein rohes Ei, immer noch. Genau wie bisher. Wie in der Zeit, die ihr fast schon wie ein böser Traum vorkam. Seine Aufmerksamkeit und seine Sorge verstand sie. Er liebte sie eben und hatte sich für sie aufgeopfert, jahrelang. Dennoch spürte sie seit Wochen eine wachsende Ungeduld. Sie wollte endlich runter vom Parkplatz, und wieder auf die Autobahn! Am besten gleich auf die Überholspur. Sie hatte genug Zeit verloren.
    
    Sie studierte das Flipchart und las ausschließlich bekannte Stichworte. Reine Zeitverschwendung! Nichts von wegen Überholspur. Das hier ähnelte dem Kriechen hinter einem LKW, an dem man nicht vorbeikam.
    
    Aus den Augenwinkeln sah sie wieder zu dem Mann hin. Er schrieb etwas auf seinen Block, sehr konzentriert. Was immer es war, mit hundertprozentiger Sicherheit hatte es nichts ...
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