Timo - hat dich der Himmel geschickt?
Datum: 03.01.2021,
Kategorien:
Romantisch
Autor: Plautzi
... ihren Dienstwagen und rauschen davon. Die Kinder sehen mich über ihre Schultern hinweg durch die Heckscheibe an. In ihrem Blick ist Traurigkeit, Verzweiflung und Angst.
Auf die Burg zieht mich nichts mehr. Ich will nur noch nach Hause. Duschen, umziehen, und dann ins Krankenhaus zu Julia. Im Kopf kreisen die Bilder von ihr. Wieso war ihr Kreislauf zusammengebrochen, wieso hatte ihr Herz aufgehört zu schlagen? Wie sie im Gras lag, verdreht, ungewöhnlich. Hoffentlich schafft sie es.
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Auf die Intensivstation dürfen sonst nur nahe Angehörige. Aber Julia Berger hat niemanden mehr. Zumindest weiß ich von keinen. Ihre Tochter war zusammen mit ihrem Mann tödlich verunglückt und von weiteren Verwandten hatten die Kinder nichts erzählt. Keine anderen Onkel oder Tanten.
Nach einigem Zureden haben mich die Ärzte zu ihr gelassen. Hellgrüne Hauben über Schuhen und Haare,
und dann noch den üblichen Kittel, auf dem Rücken zu schnüren. Alles ist farblich perfekt in diesem typischen Klinik-Grün abgestimmt.
Leise öffne ich die Tür zu ihrem Krankenzimmer. Sie ist allein, wie sonst auch in ihrem Leben. Es scheint ihr Schicksal zu sein. Sie liegt auf dem Rücken, den Oberkörper leicht aufgestellt. Ihre Augen sind geschlossen. Sie sieht friedlich aus, wie ein schlafender Engel.
Neben ihrem Bett stehen zwei Monitore mit unzähligen Reglern und Knöpfen. Ein regelmäßig hüpfender Punkt flimmert über einen der Schirme und hinterlässt eine hellgrüne, gezackte Linie. Die ...
... Herzstromkurve wird vom EKG aufgezeichnet. Daneben ein blinkendes rotes Herz unter dem eine große '72' leuchtet. Nur der schrille Piepton, der ihren Puls anzeigt, zerreißt die Stille. Das sieht alles schon sehr gut, sogar fast normal aus, aber ich weiß es besser. Das Beatmungsgerät pumpt über einen Schlauch Luft in ihre Lungen. Sie atmet also noch nicht allein. Ergo ist sie auch noch nicht über den Berg.
Ich ziehe mir einen Stuhl neben ihr Bett, setze mich und sehe sie an. Sie hat feine Gesichtszüge, umrahmt von langen hellblonden Haaren, die leicht gewellt auf dem Kissen liegen. Eine süße kleine Stupsnase und sinnlich geschwungene, volle, zartrosa Lippen. Sie ist zweifelsfrei hübsch anzusehen.
Die dünne Decke, die eng auf ihrem Körper liegt, verhüllt eine schlanke Silhouette. Kurz kommen mir die Bilder ihrer entblößten Brust in den Sinn. Mittlere Größe, nicht mehr ganz so fest, aber von einer 'Hängebrust' weit entfernt, mit einer gleichmäßig-schöne Form und ziemlich große Warenhöfe, wenn ich mich richtig erinnere. Wäre sie mir auf der Straße begegnet, hätte ich ihr bestimmt hinterher gesehen. Vielleicht sogar wie ein Macho gepfiffen. "
flüstere ich versonnen vor mich hin,
Man hat uns beigebracht, dass Komapatienten im Unterbewusstsein vieles mitbekommen. Dass sie durch bekannte Stimmen ruhiger werden, Lieder erkennen, oder Berührungen wahrnehmen.
Ich nehme ihre Hand, die ruhig auf ihrer Decke liegt und halte sie. Mit der andere streiche ich ihr die goldene Strähne aus ...