Wenn der Tiger erwacht
Datum: 23.01.2019,
Kategorien:
Selbstbefriedigung / Spielzeug
Autor: byDingo666
... müde und ließ seine Augen zwei Sekunden auf ihrem Busen ruhen, bevor er sich umwandte und die Treppe hinunter trottete. Sie schloss die Türe, um seinen Blick und den Rest der Welt auszusperren, und quetschte sich an der Kartonbarrikade vorbei. Gespannte Neugier erfüllte sie.
An einer Ecke erspähte sie den Adressaufkleber. Sie kniff die Augen zusammen, um die kleinen Druckbuchstaben lesen zu können.
„Absender: Dixie L. Vordersen, Tannenweg 66, 13587 Berlin", stand darauf.
„Tante Dixie?" Christine riss die Augen auf. Mit der älteren Schwester ihrer Mutter hatte die ganze Familie kaum Kontakt. Sie galt als Esoterik-Junkie und leicht verrückt. Möglicherweise nicht nur leicht. Dixie lebte seit vielen Jahren alleine in Berlin, wenn sie nicht gerade auf einem Dschungeltrip durch Südamerika oder in einem Ashram in Indien war. Das letzte Mal hatte Christine sie vor zwei Jahren gesehen, beim 85. Geburtstag von Opa.
Sie zog das Paket ins Zimmer und legte es auf den Rücken. Mit der Schere durchtrennte sie erst die Transportbänder aus Hartplastik, dann die unzähligen Klebestreifen, die nach keinem erkennbaren Muster um die Ecken und Laschen des Kartons verliefen. Endlich konnte sie das Ding öffnen.
Ein Tiger lag im Karton. Bequem ausgestreckt, Kopf erhoben, die Hinterläufe ragten zur Seite hin unter dem Bauch hervor. Kein Baby-Tiger, sondern ein erwachsenes Exemplar. Nicht ganz Originalgröße, aber auch nicht weit weg davon. Das Fell zeigte herrliche Farben, orange, schwarz ...
... und weiß. Sie musste sofort an Hobbes denken, den ausgestopften Tiger von Calvin in dem gleichnamigen Comic-Strip.
„Ein Steiff-Tier?", kicherte Christine und kniete sich vor den Karton. Der Tiger schaute sie aus großen, schwarzen Augen an. Automatisch streckte sie die Hand aus und streichelte ihm über den Kopf. Das zauberte sofort ein Lächeln auf ihre Lippen. Wie wunderbar flauschig und weich sich das Fell anfühlte!
Zwei Minuten später hatte sie das Tier aus der Box befreit und diese zurück in den Flur geschoben. Die musste sie bald zerschneiden und als Altpapier entsorgen. Außer dem Stofftier hatte sie eine kleine, in Geschenkpapier eingeschlagene Schachtel darin gefunden, und einen Umschlag. Sie nahm beides und gesellte sich zu ihrem neuen WG-Genossen. Der Tiger lag auf dem Teppich vor ihrem Bett und sah so aus, als hätte er sich das als neuen Lieblingsplatz ausgesucht.
„Also -- was bist du denn für einer?", fragte Christine das Tier und musste lachen. Jetzt sprach sie schon mit dem Ding, als wäre sie nicht älter als zehn Jahre. Fasziniert streichelte sie über den geschwungenen Rücken. Überall so weich und zart. Viel kuschliger als der Steiff-Löwe, den sie als Kind mal bekommen hatte. Den mochte sie gar nicht, weil sich das Fell rau und stoppelig anfühlte.
Sie streckte sich neben dem Stofftier aus und betrachtete es forschend. Kein Knopf im Ohr, also nicht von Steiff. Schade, denn solche Riesenexemplare der Marke waren viel wert, hatte sie mal gehört. Überhaupt ...