Die Verkündigung
Datum: 18.06.2019,
Kategorien:
Nicht festgelegt,
Autor: byRomeoReloaded
... Und du auch nicht, was das angeht."
„Was soll'n das heißen?"
Der Engel zuckte mit den Schultern und machte eine Handbewegung, die wohl „Nur zu!" heißen sollte. Maria ging langsam zum Durchbruch in der Wand, der in den nächsten Raum führte. Sie ließ den Engel dabei nicht aus den Augen. Als sie einen Schritt durch das Loch in der Wand machen wollte, stieß ihr Fuß unvermittelt gegen etwas Hartes. Mitten im Gehen konnte sie nicht sofort stoppen, stolperte nach vorn und knallte hart gegen den leeren Raum im Durchbruch.
„Autsch!" Sie lehnte sich an und wartete, bis der Schmerz nachließ. Dass sie sich gerade an gar nichts anlehnte, an Luft, die hart war wie Beton, wunderte sie schon kaum mehr. Maria blickt nach draußen, in den nächsten Raum. Eine Fliege stand in der Luft, nur wenige Zentimeter von ihr entfernt. Maria betrachtete sie genau. Die Fliege war vollkommen regungslos, kein Flügelschlag war zu erkennen. Erst jetzt fiel ihr auch auf, wie still es war. Kein Geräusch drang von draußen herein, kein Wind, kein Flugzeugbrummen, nichts.
„Was ist das jetzt wieder für ne Scheiße?" fragte sie den Engel, mit dem Daumen auf die Fliege zeigend.
„Wir sind in einer Zeitblase", erklärte der Engel müde, „Du, ich, dieser Raum, und der Aufzugsschacht. Außerhalb steht die Zeit still. Die Welt hält den Atem an, bis die Verkündigung erfolgt ist."
Maria verdrehte die Augen. „Und jetzt?"
„Tja." Der Engel blickte zu Boden. „Ich weiß es auch nicht."
„Kannst Du nicht ...
... nachfragen? Bei deinem Herrn oder so?"
Er schüttelte den Kopf. „Auf der Erde sind auch himmlische Wesen auf sich allein gestellt. Selbst Jesus musste sich damals an die vorgegebenen Spielregeln halten, mit Kreuzigung und allem. Ich fürchte, der einzige Weg für mich hier wieder raus ist nach oben durch den Schacht. Aber erst, wenn du schwanger bist."
„Vergiss es."
Sie suchte alles ab. Sie fragte den Engel aus, der wie ein Häufchen leuchtendes Elend in einer Ecke schwebte. Sie stauchte sich fast den Zeh, als sie gegen die harte Luft am Durchbruch trat. Der Engel musste durch den ganzen Schacht schweben und nach Auswegen suchen. Alles ohne Erfolg.
Schließlich gab sie es auf. Sie setzte sich auf den blanken Boden, den Rücken an die Wand gelehnt und heulte. Schrie zum Himmel, verfluchte Gott aus Leibeskräften, dass der ohnehin schon hellhäutige Engel noch blasser wurde und weit von ihr wich. Dann saß sie einfach nur noch dumpf da, das Kinn auf die Hand gestützt.
„Ich hab Hunger."
Der Engel reichte ihr irgendwas. Sie roch dran, es roch nach nichts. „Was ist das?"
„Manna."
Sie steckte es in den Mund. Es schmeckte auch nach nichts. Wie Esspapier, wenn überhaupt.
„Müssen wir hier eigentlich auf dem harten Boden sitzen oder können wir die Zeitblase auch was bequemer gestalten?" fragte sie vorwurfsvoll. Noch bevor sie geendet hatte, fühlte sich ihr Hintern weich an. Ein erstaunter Blick nach unten zeigte ihr, dass sie plötzlich auf einer Matratze saß. „Na also. Hast du ...