1. Nachholen verpasster Gelegenheiten


    Datum: 27.02.2023, Kategorien: Schwule Autor: byDer_MainHesse

    „Hi, alles fit bei dir? Könnten wir uns demnächst eventuell sehen?" Diese Nachricht von Jannis konnte nichts Gutes bedeuten. Kennengelernt hatten wir uns, als wir beide noch in Mainz studierten. Nun waren wir mit dem Studium fertig, ich wohnte in Frankfurt und Jannis war mit seiner Freundin nach Marburg gezogen. Seitdem sahen wir uns deutlich weniger oft als früher, schrieben und telefonierten uns aber regelmäßig. Ich schrieb Jannis zurück, dass ich am Wochenende Zeit hätte -- und so machten wir aus, dass er am Samstag gegen Mittag nach Frankfurt kommen und abends wieder zurückfahren würde. Was den Grund für das plötzliche Treffen betraf, so meinte er nur, dass er meinen Rat brauche. Näheres wollte er mir erst bei unserem Treffen sagen.
    
    An besagtem Samstag holte ich Jannis vom Bahnhof ab und merkte schon als ich ihn aus der Ferne vom Gleis kommen sah, dass es ihm ziemlich beschissen ging. Nach der Begrüßung beschlossen wir, erst einmal eine Runde spazieren zu gehen und anschließend eine Kleinigkeit zu essen. Jannis wollte offensichtlich noch nicht über den Grund für seinen Besuch sprechen und bemühte sich, so zu tun als ob nichts wäre. Vielleicht brauchte er das gerade. Die Gespräche waren allerdings zäh. Als wir uns später in ein Café setzten, holte Jannis eine Zigarettenschachtel aus seiner Hosentasche heraus und steckte sich eine Kippe an.
    
    - „Seit wann rauchst du?!", fragte ich ihn völlig überrascht.
    
    - „Seit 'ner Weile schon."
    
    Ich hielt es für besser, ...
    ... erstmal zu schweigen. Nach einem Moment der Stille sagte Jannis plötzlich:
    
    - „Es geht um Katja..."
    
    - „Was ist passiert?"
    
    - „Das ist eine lange Geschichte!"
    
    Daraufhin erklärte er mir, dass es schon seit Langem immer wieder Stress zwischen seiner Freundin und ihm gegeben habe, dass es jetzt aber deutlich eskaliert sei. Im Grunde ging es darum, dass er sich völlig eingeengt fühlte. Es war schon immer so gewesen, dass seine Freundin in der Freizeit fast alles zusammen mit ihm machen wollte, aber zu Studienzeiten hatte er mehr Zeit als sie, sodass er immer noch die Möglichkeit hatte, seine eigenen Sachen zu machen. Nun hatten aber beide einen Job, der ihnen relativ wenig Freizeit ließ. Die wollte seine Freundin komplett mit ihm verbringen, während er neben den gemeinsamen Unternehmungen auch Zeit für sich brauchte.
    
    Es fiel mir schwer, Jannis einen Rat zu geben. In einer Beziehung, die diesen Namen verdient, war ich ja trotz meiner 28 Jahre nie gewesen und da ich selbst auch ein Mensch bin, der Freiräume braucht, hatte ich vollstes Verständnis mit ihm. Und, nun ja, auch wenn sich Katja mir gegenüber immer toll verhalten hat und sie mir eigentlich echt sympathisch war, hatte ich mich ihretwegen schon öfter aufgeregt, weil sie der Grund dafür war, dass Jannis mir unzählige Male abgesagt hatte. Ich war also nicht gerade unvoreingenommen. Trotzdem bemühte ich mich um Ausgewogenheit. Nach einer langen Diskussion meinte Jannis irgendwann:
    
    - „Weißt du, was mir jetzt gut tun ...
«1234...20»