1. Nachholen verpasster Gelegenheiten


    Datum: 27.02.2023, Kategorien: Schwule Autor: byDer_MainHesse

    ... würde? Einfach irgendwo weit weg zu gehen, um mich abzulenken und Abstand zu gewinnen."
    
    - „Super Idee! Mach' das doch einfach! Und am besten ganz allein!"
    
    - „Hmm... Oder... Du hast ja bald auch Urlaub. Was hältst du davon, zusammen wegzufahren?"
    
    Und so kam es, dass Jannis und ich unseren ersten gemeinsamen Urlaub planten, nachdem in den letzten Jahren immer wieder etwas anderes dazwischengekommen war. Wir waren uns schnell einig, was wir wollten: Sonne, Wärme und Meer! Wo kann man das im Mai am besten bekommen? Natürlich im Süden! Letztlich einigten wir uns auf Lissabon. Zu sagen, dass Katja alles andere als begeistert war, wäre noch untertrieben. Jannis war aber fest entschlossen, es durchzuziehen und sie musste schließlich doch einsehen, dass es gut für die Beziehung sein könnte, wenn ihr Freund ein bisschen Zeit für sich haben und herunterkommen würde. Es war allerdings nicht einfach, auf die Schnelle nicht allzu teure Flüge und Hotels zu finden, da es schon drei Wochen nach Jannis' besagtem Besuch in Frankfurt losgehen sollte. Wir hatten aber Glück und fanden ein relativ günstiges Hostel, das sich sogar in Top-Lage (nur 2 Minuten zu Fuß von der Praça do Comércio) befand. Ich freute mich riesig auf den Urlaub, umso mehr als ich fast schon die Hoffnung aufgegeben hatte, dass ich jemals mit Jannis verreisen würde!
    
    Eine Sache trübte dann aber doch meine Vorfreude: eine gewisse Nervosität, die phasenweise in Angst umschlug. Obwohl Jannis einer meiner besten Freunde ...
    ... war, wusste er noch nichts von meiner Gayness. Ich hatte sehr lange gebraucht, um sie mir einzugestehen, und als ich endlich soweit war, hatte ich nie den richtigen Zeitpunkt gefunden, um mich Jannis gegenüber zu outen. Schriftlich oder am Telefon wollte ich es nicht machen, und bei den nicht ganz so häufigen Treffen hatte es sich nie wirklich ergeben ... oder ich hatte die wenigen Gelegenheiten verpasst. Mir war klar, dass der Urlaub nicht nur die perfekte Gelegenheit war, Jannis endlich reinen Wein einzuschenken -- ich wusste, dass ich es jetzt auch machen musste. Aber was, wenn er gar nicht so locker reagieren würde? Vielleicht gehörte er ja zu den Leuten, die nur solange kein Problem mit Homosexualität haben, solange sie nicht in ihrem engsten Umfeld auftritt. Es könnte aber auch sein, dass Jannis es mir übelnimmt, ihm das so lange verschwiegen zu haben. Diese Gedanken wurden häufiger, je näher der Urlaub rückte.
    
    An einem Mittwoch Morgen Mitte Mai sollte es losgehen. Wir hatten vereinbart, dass Jannis schon am Vorabend nach Frankfurt kommen und bei mir übernachten würde.
    
    Als ich ihm die Tür öffnete, fiel mir gleich auf, dass es ihm kaum besser ging als drei Wochen vorher. Als wir kurz darauf im Wohnzimmer auf meiner Couch saßen, sprach ich ihn darauf an.
    
    - „Frag' lieber nicht... Die letzten Wochen waren echt ätzend!"
    
    - „Warum hast du dich denn nicht gemeldet? Du weißt doch, dass du..."
    
    - „Ja ich weiß, das ist lieb von dir. Aber was hätt' es denn gebracht?, ...
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