1. Der Cassandra Komplex


    Datum: 24.08.2023, Kategorien: Romantisch Autor: postpartem

    ... Sichtschmuck gestaltet gehabt. Claudia war da völlig anders.
    
    Alle freien Stellflächen hatte irgendeine kleine Figur, Minidosen, Kerzen, auch einige Bücher oder irgendetwas anderes darauf. Einen Teil der Möbel hatte sie mit interessant gemusterten Tüchern bedeckt, die wahrscheinlich von ihren Indien-Urlauben stammten. Sie hatte sogar eine indische Flagge an ein Regal gebunden, das nicht vorher im Zimmer gewesen war.
    
    Das musste sie tatsächlich angebohrt haben, denn es war ein Hängeregal. Sie folgte meinem Blick und lächelte.
    
    "Meine Bohrmaschine habe ich natürlich mitgenommen. Damit kann sich mein Ex eh nur verletzen. Das ist ihm sogar beim Dübel-Einklopfen gelungen. Gefällt es dir?"
    
    Das tat es in der Tat, obwohl viele der Sachen sicher nicht meinem persönlichen Geschmack entsprachen. Ich stellte zudem verblüfft fest, dass sich in den Fenstern zusätzliche Blumen befanden und auch eine größere Palme in einer Ecke stand, die wir sicherlich nicht beim Umzug mitgenommen hatten.
    
    "Großartig, so... lebendig", gab ich zurück und meinte das auch so. Dagegen war das Zimmer, während meine Mutter es bewohnt hatte, richtig steril gewesen. Dies hier lebte, atmete, war ein Abbild ihrer Persönlichkeit.
    
    Sie hatte auf dem Fußboden eine Art Sitzecke mit einer Reihe Sitzkissen geschaffen, zu der sie mich nun mit einer einladenden Handbewegung steuerte. Auch hier lag eines dieser bunten Baumwolltücher darunter.
    
    "Ich hoffe, es macht dir nichts auf dem Boden zu sitzen. Ich tue ...
    ... das eigentlich sehr gern, weil es besser für die Haltung und den Körper insgesamt ist. Es schafft dabei eine gewisse Erdung", dozierte sie und machte es sich dort bequem, in einer Art Schneidersitz.
    
    Auf einem kleinen, ebenfalls abgedeckten Schrank, der meiner Mutter als Nachtschränkchen gedient hatte, befand sich dann einer dieser gefürchteten Räucherstäbchenhalter. Nun, immerhin hatte sie ihn noch nicht in Betrieb genommen. Trotzdem roch es irgendwie frischer als zuvor. Oder war sie das?
    
    Die Sitzkissen waren erstaunlich bequem, obwohl mir schon klar war, dass ich die nun eingenommene Sitzhaltung vermutlich nicht so lange wie sie schmerzfrei durchhalten konnte. Irgendwie würde es schon gehen.
    
    "Wirklich, das hast du fantastisch hinbekommen. Der Raum ist kaum wiederzuerkennen."
    
    "Nun... jetzt fühle ich mir wirklich wohl hier drin. Jetzt fühlt es sich wie ein Zuhause an. Wie ich dir schon angedroht habe, so leicht kriegst du mich hier nicht wieder weg."
    
    "Ich sagte doch, das kann mir nur recht sein", eröffnete ich ihr und uns beiden ein Bier, reichte ihr eines und stieß mit ihr an.
    
    "Auf dein neues Zuhause."
    
    Sie lächelte erfreut, erwiderte "Auf uns" und trank ein paar Schlucke. In einer Ecke standen noch sechs große übereinandergestapelte Umzugskisten.
    
    "Sind da die Bücher drin? Die sollten wir wie gesagt sichten."
    
    "Ja, können wir später gerne machen. Sind nicht alle bis obenhin voll, ich hatte wegen des Gewichts andere Dinge obenauf gelegt, nicht dass du ...
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