1. Der Cassandra Komplex


    Datum: 24.08.2023, Kategorien: Romantisch Autor: postpartem

    ... läuft unter dem Codenamen Projekt Immanuel."
    
    "Wie soll ich dich bei etwas unterstützen, von dem ich nicht weiß, worum es geht?"
    
    "Ja, das muss frustrierend für dich sein. Du hältst dich aber sehr wacker. Wie war das in deinem Traum? War ich da ebenfalls zufrieden mit dir?"
    
    "Du machtest den Eindruck und hieltst meine Hände für überzeugend", erinnerte ich mich.
    
    "Oh... das glaube ich gern. Sie scheinen dir selbst ja auch einige Freude zu bereiten."
    
    "Ich habe Grund zu der Vermutung, dass dir deine ebenfalls nicht gleichgültig sind."
    
    "Eigentlich nur die linke, da habe ich mehr Gefühl drin. Deshalb kriegen Männer auch immer die rechte."
    
    "Männer brauchen kein Gefühl?"
    
    "Manche scheinen das zu glauben. Vor allem die Männer selbst. Wollen wir jetzt los?"
    
    "Meinethalben. Vielleicht kannst du mir das ja verraten: Warum hast du dich auf das Projekt eingelassen?"
    
    "Ich verstehe es als eine einmalige Gelegenheit. Es liegt mir am Herzen. Ich fühle mich berufen."
    
    "Und ich fühle mich berufen, den Bio-Müll mit runterzunehmen. Hast du noch etwas, was du loswerden willst, vielleicht leere Umzugskisten? Wir haben einen Pappen-Container unten", setzte ich sie von den Möglichkeiten in Kenntnis.
    
    "Die habe ich schon in den Keller gebracht. Es war ja ursprünglich erwartet worden, dass ich sie in absehbarer Zukunft noch einmal brauchen könnte. Warte, ich schließ ab."
    
    "Macht es dich traurig, dass das von Tag zu Tag unwahrscheinlicher erscheint?"
    
    "Es macht mir ...
    ... Sorge, dass ich keinerlei Traurigkeit oder Trauer mehr fühle. Und stattdessen so viele andere Sachen. Vertraute und neue."
    
    "Warum macht dir das Sorge? Ist das nicht schön?", wunderte ich mich.
    
    "Es könnte ein Hinweis darauf sein, dass ich mich von den negativen Empfindungen dissoziiere, anstatt mich ihnen zu stellen. Und sie zu verarbeiten. Mich beunruhigen solche Sachen. Dich ja wohl eher andere."
    
    "Täglich weniger."
    
    "Das wiederum freut mich zu hören. Fehlt dir deine Mutter?"
    
    "Meine Mutter? Nein... bevor du eingezogen bist, schon. Weil ich mit ihr gut reden konnte und den Alltag teilen und so etwas."
    
    "Das ist eine rationale Begründung. Hast du bei ihrer Beerdigung geweint?"
    
    "Ehm... nein. Jetzt verstehe ich, du vermutest, dass ich genau dasselbe tue, meine negativen Empfindungen nicht an mich heranlasse."
    
    "Könnte das so sein?"
    
    "Ich kann es nicht ausschließen. Ich werde darüber nachdenken müssen."
    
    "Manchmal reicht Nachdenken nicht. Es kann den Zugang nicht verschaffen, oder nur sehr schwer."
    
    "Und was wäre die Alternative?"
    
    "Lese einfach den Dychtwald, der ist als Einführung in den Themenbereich eigentlich sehr gut. Emotionale Zustände graben sich in den Körper ein, erzeugen Verhärtungen und Verspannungen, Schutzhaltungen, Panzer. Körperarbeit kann diese lösen und die darunterliegenden Gefühle freisetzen. Das kann zum Teil dramatische Erfahrungen auslösen, wenn der Zugang zu ihnen ermöglicht wird. Beispielsweise durch Rolfing. Es ist einer Massage ...
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