1. Meine Rolle als nackte Statistin


    Datum: 14.03.2024, Kategorien: CMNF Autor: ulrikeb

    In meiner letzten Geschichte habe ich euch erzählt, wie ich dazu gekommen bin als Aktmodell für Kunstkurse zu arbeiten und dass ich gefragt wurde, ob ich als Statistin in unserem Stadttheater ein Aktmodell darstellen würde.
    
    Mir war nicht wohl bei dem Gedanken nackt vor der ganzen Stadt auf der Bühne zu stehen. Ich würde zwar im Hintergrund agieren aber trotzdem könnten mich alle sehen - Nachbarn, Freunde, Kollegen … sie brauchten sich nur eine Eintrittskarte zu kaufen.
    
    Mein Mann fand die Idee toll. Er drängte mich geradezu den Job anzunehmen. Ich glaube er war stolz auf mich und die Vorstellung, dass ich nackt auf der Bühne stehen sollte macht ihn auch etwas an.
    
    Nach ein paar Tagen mit vielen Diskussionen und nach langem Überlegen habe ich dem Theater zugesagt.
    
    Dann wurde ich zu einer Besprechung mit der Regisseurin und der Komparsenbetreuerin gebeten. Ich dachte, dass Einzelheiten besprochen werden sollten. Aber es kam anders. Die beiden erklärten mir, dass das Aktmodell in dem Stück durch die Schauspielerin dargestellt wird, die auch die Geliebte und die Muse des Malers spielt.
    
    Ehrlichgesagt war ich nicht böse und sogar etwas erleichtert. Doch mir wurde sofort eine Alternative angeboten.
    
    Nach der Sommerpause sollte die französische Oper „Pelléas und Mélisande“ von Debussy aufgeführt werden. Zum Ende der Oper stirbt Mélisande und ich sollte den Tod in der Szene spielen. Dieser wird in Frankreich als nackte Frau dargestellt. Dass bedeutete für mich langsam ...
    ... aus dem Bühnen Hintergrund zu kommen und während der gesamten Sterbescene nackt neben der sterbenden Mélisande zu stehen und sie anschließend von der Bühne zu führen. Also viel öffentlicher zu agieren als bei der Darstellung des Aktmodells. Die Regisseurin meinte, dass es kaum einen Unterschied zu der ursprünglich geplanten Rolle wäre und es doch sicher kein Problem für mich sei. Ich wollte oder konnte nicht kneifen und sagte zu.
    
    Zuhause wurde mir erst klar was da auf mich zukam. 16 Vorstellungen waren geplant und ich würde in jeder splitternackt mitten auf der Bühnen stehen. Bei dem Gedanken wurde mir schlecht. Mein Mann war begeistert und bestärkte mich. Er besorgte sich sogar eine Karte für die Premiere. Aber bis dahin verging noch viel Zeit und es waren noch jede Menge Proben notwendig.
    
    Der Reihe nach:
    
    Die Proben begannen einige Wochen vor der Premiere. Es wurde zunächst zwei bis dreimal pro Woche geprobt. Kurz vor der Premiere täglich. Zunächst ohne Kostüm also mit normaler Kleidung. Dabei lernte ich auch die Schauspieler kennen. Insgesamt herrschte eine lockere und angenehme Atmosphäre und ich ging gerne zu den Proben. Alles war völlig seriös – Theater eben.
    
    Dann kam die erste Kostümprobe. Die Regisseurin war sehr behutsam und hatte vorher schon ein paar Mal mit mir über die Szene gesprochen.
    
    Nun war es soweit. Ich musste mich das erste Mal ausziehen. Bei der Probe hatte ich das Gefühl, dass viel mehr Leute als sonst dabei waren. In der Garderobe zog ich ...
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