1. Ein Liebesdreieck an der Isar


    Datum: 31.07.2019, Kategorien: Nicht festgelegt, Autor: bydirtyoldman84

    ... sie in ihrer Schüchternheit fürchtete, dass die anderen Mitarbeiter glauben, sie hätte nur wegen ihrer Bekanntschaft mit Helmut den Job bekommen und darum würde man sie „nicht mögen".
    
    „Unsinn, Mädchen, du kannst es doch!", hatte er schliesslich ausgerufen und sie damit überzeugt.
    
    Manchmal war Helmut in der Arbeit schlecht gelaunt gewesen und eine Kollegin von Julia, die in ihrem Alter war, aber mittlerweile den Job aufgegeben hatte, wollte sie gegen Helmut aufhetzen, aber darauf hatte Julia sich klugerweise nicht eingelassen, weil ihr eine Freundin gesagt hatte, dass das totaler Unsinn wäre, denn einerseits sässe Helmut im Zweifelsfall am längeren Hebel, ausserdem hätte jeder mal einen schlechten Tag und reagierte dann übellaunig oder cholerisch.
    
    Zwar konnte der Chef böse werden, wenn man ihn reizte, war aber ansonsten ein ruhiger Typ, der mit beiden Beinen im Leben stand und damit hob er sich wohltuend von etlichen jüngeren Leuten ab.
    
    Auch von Rolf. Der hatte im Streit sogar schon einmal Kartoffeln nach Julia geworfen und Helmut hatte ihr daraufhin vertraulich angeboten, einzuschreiten, falls wieder etwas Derartiges vorkäme, aber Julia hatte das zurückgewiesen, weil sie glaubte, alleine damit fertig werden zu müssen. Helmut gab ihr dennoch recht und stand ganz auf ihrer Seite, „wenn ich es denn darf", hatte er ironisch hinzugefügt.
    
    Er hatte auch keine Gewissensbisse, mit ihr anzubändeln, eben weil er um die schwierige Situation ihrer Beziehung wusste und ...
    ... glaubte, dass Julia jederzeit das Recht hätte, ihrem „Noch-Freund", wie er es ausdrückte, einen Tritt zu geben.
    
    Auch umgekehrt sah es aus, als fehlte nicht mehr viel, denn als Julia ihm von der Wohnungsaufteilung erzählte, meinte Helmut sofort, dann könne er ja demnächst mal abends auf ein Gläschen bei ihr vorbeikommen und wenn Julia nicht so schüchtern gewesen wäre, hätte sie sich auch eingestanden, dass sie diesen Mann attraktiv fand, aber sie war ein sehr treuer Mensch und verbot sich „solche Ideen".
    
    II.
    
    Es hatte vor nunmehr vier Jahren begonnen.
    
    Der einsachtzig grosse Rolf hatte die damals erst siebzehnjährige und leicht zu beeindruckende Julia, die als Erstsemester an der Akademie erschienen war, während der Vorlesung ununterbrochen angestarrt und sie hatte sich geradezu dafür geschämt und sich kaum noch konzentrieren können.
    
    Mehr war an diesem einen Tag nicht passiert, aber im Kopf unserer Freundin waren ihr diese Blicke nach Hause gefolgt und hatten romantische Ideen geweckt.
    
    Bei der dritten „gemeinsamen" Vorlesung hatte er sie angesprochen.
    
    Dem Klischee nach muss der Mann die Frau betrunken machen, um ihr näher zu kommen -- oh heilige Einfalt! Wozu immer auf Alkohol zurückgreifen? Es genügte, was schon der grosse Robert Musil zu seiner Zeit beobachtet hat, nämlich dass Rolf Julias Fantasie erregte, bis sie auch ohne einen Tropfen geistiger Getränke ganz wirr im Kopf wurde und sich schliesslich seiner Umarmung hingab.
    
    Wenn er sie nur für eine Nacht ...
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