1. Weeslower Chroniken - Teil I 2./3.Abschnitt 199798 - Michael und seine Schüler - und: Das Blumenmädchen


    Datum: 13.12.2019, Kategorien: Kunst, Autor: nudin

    ... So, nun aber los!“
    
    Er schickte sie hinein und ging selbst in seine kleine, abgetrennte Lehrerumkleidekabine, die kaum, größer als ein Dixi-Klo, aus dünnen Rigipswänden an die Hallenwand geklebt schien. Was war denn bloß mit Tanja los? Sie, die einem sonst kaum in die Augen schauen mochte, die nie was sagte, immer still und allein in irgendeiner Ecke herumstand.
    
    Diese alte Halle hatte nicht mal eine Dusche für Lehrer. Nur für die Schüler. Einmal Mädchen, einmal Jungen, mit jeweils direktem Zugang. Er zog sich seine lange Hose, sein Hemd und seine Schuhe an, packte Schlüssel, Tasche und Sportzeug und verließ seine kleine Kabine.
    
    Alle Schüler schienen schon weg zu sein. Die Umkleidekabinen standen offen. Wie immer machte er noch eine Kontrolle, ob noch jemand etwas vergessen hatte. Er begann bei den Jungen.
    
    „Noch jemand da?“ rief er, ehe er hineintrat.
    
    „Ich“ rief es von nebenan.
    
    „Tanja?“
    
    „Ja.“
    
    „Okay. Beeil Dich!“ Michael ging in die Jungenkabine und sah sich suchend um. Tatsächlich, eine Jacke hing noch am Haken. Er nahm sie an sich.
    
    Plötzlich stand Tanja in der Tür. Nackt. „War noch was?“ fragte sie mit unschuldiger Miene.
    
    „Nein. Eigentlich nicht. Komm, zieh Dich an, ich will hier Schluss machen und abschließen.“ Ihm war ihr Auftritt gar nicht recht. Sie war seine Schülerin, ihm schutzbefohlen.
    
    Das
    
    würde wirklich Ärger geben.
    
    „Herr Schneider…“ begann sie erneut, zaghafter jetzt.
    
    „Ja?“
    
    „Kann ich noch bleiben? Ich kann ja ...
    ... abschließen.“
    
    Diese Rehaugen… - „Was hast Du vor?“
    
    „Na ja. Hier ist doch jetzt Schluss, und ich könnte noch ein bisschen… na, zum Beispiel Basketball üben.“
    
    Er atmete tief durch. „Bitte, Tanja. Du bist dann nicht versichert, ich auch nicht, nein, das geht nicht.“ Er sah ihren traurigen Blick. „Okay, wenn Du Lust auf Sport hast, dann komme nachher an den See.“
    
    Ihre Miene wandelte sich augenblicklich. Wie euphorisiert strahlte sie ihn an. „Echt? Gern!“
    
    Er hatte das Gefühl, einen Fehler zu machen. Wenn Nadine dort wäre, wäre das vielleicht einfacher, unauffälliger, aber Nadine war zurück in Potsdam. Ihm fiel Lissy ein. „Warte mal.“
    
    Er holte sein Handy heraus und rief die Assistentin des Bürgermeisters an. Ja, sie würde kommen, war ja vielleicht der letzte schöne Tag dafür, sagte sie. Er brächte jemanden mit, erzählte er, eine Schülerin. Nein, nicht Nadine, eine Schülerin. Die wolle gern mal Beachvolleyball mit ihnen spielen.
    
    ….
    
    Der Sommer kam nochmals für zwei ganze Wochen zurück, mit Temperaturen um 25 Grad und viel Sonnenschein. Und in diesen zwei Wochen trafen sich Michael und Tanja jeden Nachmittag nach der Schule am Weeslower See. Und nicht nur sie. Auch Alexandra und Patrick gehörten jetzt seinem ´Team´ an – ebenso als fröhliche Nackedeis.
    
    Nach einer Weile begriff Tanja jedoch, dass sie mit ihren Bemühungen, ihrem Lehrer Schneider noch näher zu kommen, nicht weiter kam, nicht weiter kommen konnte. Michael bemerkte, wie sie wieder anfing, sich zurückzuziehen, ...
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