Der saubere Herr Professor - Teil 2
Datum: 14.12.2019,
Kategorien:
Medien,
Autor: ariadne74
... sein joviales Lächeln glich dabei eher dem Zähnefletschen eines durstigen Vampirs, „selbstverständlich liegt es mir auch fern, Ihrem hoffnungsvollen Werdegang Steine in den Weg zu legen, aber Sie werden verstehen, dass ich aufgrund dieser miserablen Leistung erhebliche Zweifel an Ihrer fachlichen Eignung bekommen habe.“ Er setzte die Halbbrille wieder auf die Spitze seiner Nase und sah Heike über deren Rand hinweg mitleidig an. „Aber was ist denn nur passiert, Herr Professor?“, ließ sich nun erstmals auch Heike vernehmen, die anscheinend ihre Sprache wiedergefunden hatte. „Ich hatte eigentlich den Eindruck, die Klausur ganz zufriedenstellend gelöst zu haben.“ Herr Prof. Wirtz erhob sich abrupt von der Schreibtischplatte und kehrte wieder auf seinen Sessel zurück. Von dort sah er Heike streng an und sagte: „Das ist es ja gerade Frau Uhlmann, mir scheint, Sie leiden an einem gewissen Maß an Selbstüberschätzung. Auch das ist natürlich eine Eigenschaft, die unserer Wissenschaftsdisziplin nicht zuträglich ist. Ein Philosoph soll mit einer gewissen Distanz über den Dingen stehen, auch sollte er den Unzulänglichkeiten der eigenen Person mit einer gewissen Demut gegenüber treten. All dies kann ich jedoch bei Ihnen nicht ausmachen.“
Inzwischen war Dirk vor dem Büro des Professors angelangt. Da er von drinnen Stimmen hörte, machte er leise die Tür zu Vorzimmer auf und trat ebenso leise ein. Im Zimmer des Professors hatte ihn anscheinend niemand bemerkt, denn die Unterhaltung ...
... (oder vielmehr der Monolog des Professors) wurde dort ohne Unterbrechung fortgesetzt. Durch die halb geöffnete Zwischentüre sah Dirk den Professor, der hinter seinem Schreibtisch saß und Heike, die davor saß. „.... daher wäre es wünschenswert, wenn Sie sich in diesen Tugenden noch ein wenig üben würden, Frau Uhlmann“, sagte der Professor soeben. „Und wie soll ich das machen, Herr Professor?“, fragte eine mittlerweile völlig verstörte Heike. „Nun, Frau Uhlmann, ich hatte gehofft, dass Sie Einsicht zeigen würden und bin natürlich gern bereit, Ihnen zu helfen. Dazu habe ich Ihre Klausur mit einigen Anmerkungen versehen. Sie dürfen sich nun da hinten an den Tisch setzen“, dabei wies er auf einen Besprechungstisch, der im hinteren Teil seines Büros stand, „und die Klausur unter Zuhilfenahme dieser Anmerkungen nochmals überarbeiten. Ich werde dann lediglich die überarbeitete Version bewerten, wobei ich sicher bin, dass die Bewertung dann voll und ganz Ihren Wünschen entspricht.“ Heike sah ihn ungläubig an. Auch Dirk dachte, dass das ja wohl ein starkes Stück sei, was bestimmt mit einem Haken versehen war. Dieser stellte sich dann auch sogleich heraus, denn der Professor fuhr nun wie beiläufig fort: „Apropos Wünsche. Einen Wunsch habe auch ich. Aber ich bin sicher, dass das für dich kein Problem darstellt.“ Sowohl Heike als auch Dirk fiel auf,
dass er sie plötzlich duzte. Gespannt warteten Sie beide auf seine nächsten Worte. „Neulich während der Protestkundgebung hattest du so ein ...