1. Erwachen (7)


    Datum: 13.06.2020, Kategorien: Erstes Mal Autor: Drance1964

    ... der Ziehungen gewesen, die aus alleinlebenden Menschen schnell Alkoholiker machen. Aber ich machte mir zu der Zeit gottlob noch nichts aus dem Zeug. Als es langsam dunkler wurde und die ersten Pärchen knutschenderweise unter Laternen standen, beschloss ich, Richtung Heimat zu marschieren. Ich musste dabei wieder an Eyks Haus vorbei, und natürlich schaute ich zu seinem Erkerzimmer hoch. Erfreulicherweise war sein Fenster nun von flackerndem Kerzenlicht erhellt. Ich überlegte nach einem Blick auf meine Uhr gerade, ob es lohnte jetzt nochmal zu klingeln, da sah ich plötzlich einen Kopf mit halblangen, dunklen Haaren auftauchen, offensichtlich zu einer Perle gehörend. Ich blieb stehen und schaute gebannt hoch. Ich erkannte das Mädchen nicht, da sie mit dem Rücken zum Fenster stand, hatte sie wahrscheinlich auch noch nie vorher gesehen, aber trotzdem stach unverhofft der Stachel des Neids in mein Herz. Er durfte wahrscheinlich bald genießen, was mir über die Zweifel des vergangenen Tages fast schon wieder unwirklich vorkam. Verdammt, was sollte ich jetzt machen? Der Drang, mein Herz auszuschütten war fast übermächtig. Ich überlegte nicht lange, wandte mich um und trabte los in Richtung Sabines Wohnung. Als ich dort ankam, war es bereits halb zehn. Und es brannte in keinem Fenster mehr Licht. Normalerweise hätte mich das nicht vom Klingeln abgehalten, aber nach der Verabschiedung gestern war ich mir überhaupt nicht mehr sicher, ob es Sabine mit mir tatsächlich ernst war, oder ich ...
    ... doch nur eine Episode für sie dargestellt hatte.
    
    Verdammt, wieso war das eigentlich so kompliziert? Man dachte, man habe jemanden gefunden, der zu einem passte, glaubte, die gleichen Interessen zu haben, hatte dazu noch erdbewegenden Sex und stand danach wieder genau so unsicher und allein da. Bildete ich mir das jetzt nur ein, oder machten Beziehungen das Leben echt komplizierter?
    
    Mit diesen Gedanken verabschiedete ich mich aus dem Tag. Wegen mir hätte der folgende Tag ruhig nochmal am Freitagabend beginnen dürfen - zumindest ich hatte das Gefühl, trotz allem, was in den zweieinhalb Tagen passiert war, um die Hälfte des Wochenendes betrogen worden zu sein. Das machte das Einschlafen nicht eben leichter. Irgendwann bildete ich mir sogar ein, meinen Namen zu hören, aber da war ich schon am Wegdämmern. Erst, als es unter meinem Fenster deutlich schepperte, schreckte ich hoch. Einer der verrosteten Eisenböcke, die noch von einem Umbau im Hof unter meinem Fenster standen, musste bewegt worden sein. Der Krach fuhr mir so in die Glieder, dass ich im Bett stand. Ich erhob mich, ohne das Licht anzumachen, und spähte vorsichtig aus dem Fenster. Wer weiß, was für finstere Gestalten sich da draußen auf unserem Hof herumtrieben. Gerade als ich mich vorsichtig auf die Fensterbank stützte, um nach unten zu schauen, tauchte plötzlich unmittelbar vor mir auf der anderen Seite der Scheibe ein Kopf auf. Vor Schreck kriegte ich fast einen Herzinfarkt, stolperte einen Schritt zurück und ...
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