Frauenrecht
Datum: 10.07.2020,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie,
Autor: byEmaSen
Ich schrieb das Jahr 2121. In mein Notizbuch. Im Bus. Bei Regen. Es war in den Wehen des Sommers, der sich immer wieder zu neuem Gipfel aufzupeitschen schien, Dreißig, Vierzig Grad. Heute mal wieder ein Wellental nach Langem; ein sanftes Donnergrollen, das mäßige Brummen des Busses, der Geruch von nassen Blusen und Überraschung.
Ein Mädchen stieg ein und ich beachtete sie nicht. Sie trug ihren Pullover mit Kapuze. Unten waberte ein gepunkteter, schwarz-weißer Rock um zwei hohe, zu hohe Schenkel. Erst als sie ausstieg, kurz vor der Stadtmitte, leuchtete ihr Mädchengesicht auf; hinter der gründunklen Kapuze hervor wie angeschaltet. Auch ihre Schuhe, Halbslipper auf flachen Sohlen und sicher mit irgendeiner Blümelung, bestätigten ihre Mädchenhaftigkeit. Der Aufstieg meines Blicks an ihren Waden dagegen... ...
Zischend glitt die Bustür auseinander und drohte, das bemerkenswerte Ding auszuspucken in Regen und Öffentlichkeit. Ich dagegen besann mich auf meine Rechte. Sprang vom Sitz, ließ mich selbst ausspucken und folgte ihr. Sie schien eilig, aber vielleicht war es dem Regen geschuldet. Der Rock franste am Saum leicht nach außen. Selbst nass noch erklomm er mit jedem Schritt die Regentropfen wie eine Kletterwand. Er schien zu schweben und hing doch an ihrer Taille. Ich fühlte mit ihm. Auch ich hing mich an sie. Fortlaufen war ihr sowieso nicht erlaubt. Und ein paar Bürgersteige weiter holte ich sie ein.
Sie wandte sich um, als meine Schritte in Hörweite vordrungen. ...
... Aufmerksam. Ein Mann -- Erkennen huschte durch ihren Blick, dann Begreifen. Sie blieb nun ganz stehen. Ein verhohlener Spicker auf ihre Armbanduhr entging mir nicht. Aber es ruinierte mir auch nicht den Moment, und ich gedachte nicht, sie dafür irgendwo anzukreiden. Ich verstand die Frauen nur zu gut, die, wenn sie anderswo gefragt waren, im Grunde nicht immer ehrliche Hingabe aufzubringen vermochten. Zumal wenn sich die Vorfälle häuften. Man freut sich ja auch nicht über eine Welle roter Ampeln. Es liegt denn aber nicht in unserem Ansinnen, perfekte Bürger zu formen, sondern zumindest im Anschein dessen die Ordnung aufrechtzuerhalten. Es war also Ordnung gefragt und ich beschloss meinen Anspruch in aller Ruhe durchzusetzen. Hetzjagden, wie die manchmal zum Marthatag, reizten mich ohnehin nicht.
Sie blickte mir weiter offenherzig ins Gesicht, wenn auch das Befremden in ihren feinen Mädchenzügen nicht wich. Sie hatte große braune Augen. Sie zogen mich in Bann.
«Herr, was...»
«Ja... äh -- Wenn es dir gerade nichts ausmacht.» Das war natürlich nur eine Höflichkeitsfloskel. Sie war Manns genug, darauf nicht einzugehen und senkte demütig das Haupt. Sie schien ordentlich eingewiesen; daraus schloss ich -- zu meiner Erleichterung -- dass sie immerhin nicht minderjährig war. Die Tiefe meiner Erleichterung verwirrte und beunruhigte mich. Ihr Blick hielt mich weiterhin. Zur Sicherheit ließ ich mir dennoch ihren Personalausweis vorzeigen. Ich glich das Foto genau ab. Hier schien ...