Ahrweiler - oder: das Buch des Lebens
Datum: 11.08.2020,
Kategorien:
Romantisch
Autor: Plautzi
... lassen.
immer wieder nur:
Kurz bevor wir den Raum verließen, klingelten wir nach der Schwester, die uns auf dem Gang dann auch entgegen kam. Wir erklärten ihr die Situation und baten sie, Frau Wahlers ein Beruhigungsmittel zu geben. Dann gab ich ihr meine Visitenkarte mit der Bitte mich auf dem Laufenden zu halten, bzw. mich anzurufen, wenn Imke es wünschen würde.
Im Nachhinein machte ich mir Vorwürfe, dass ausgerechnet ich mit dem Pastor ins Krankenhaus gefahren war. Mit hätte klar sein müssen, dass sie ausflippen würde. Und dass sie mich nach all den Jahren aus ihrem Zimmer rausgeworfen hatte, war nachvollziehbar gewesen. Wie konnte ich auch nur so dumm sein.
Im Park hinter dem Krankenhaus gönnte ich mir eine Auszeit bei einem kleinen Spaziergang. Ich machte mit der verzwickten Situation meinen Frieden. Entweder ich würde sie nie wiedersehen, schlicht und einfach, weil sie den Kontakt nicht suchte, oder nach dem ersten Schock könnte mein Telefon klingeln, und sie wird mich um ein Treffen bitten.
Ich wollte ihr die Zeit dazu geben. Und bis dahin wollte ich meine Informationsquellen nutzen um zu erfahren, wie es ihr ging, ohne dass sie mich sehen würde. Ich war mir der Tatsache bewusst, dass ich mich damit selbst quälte.
Aber sie war mir zu wichtig, als das mich ihr herber Verlust kalt ließ.
Der Weg zu meinem Zelt zog sich. Tief pumpte ich die Luft in meine Lungen. Es war kühl geworden, und der Wetterbericht kündigte weitere Regenfälle an. Der Supergau ...
... für die Einsatzkräfte.
Meine Arbeitskleidung der Feuerwehr, die per se schon schwer war, stand vor Dreck, und war dadurch noch viel schwerer geworden. Eigentlich war ich hierhergekommen, um die Stadt wieder einigermaßen bewohnbar zu machen.
Aber heute war mir nicht danach. Nur widerwillig zog ich mir die Hosenträger meiner Einsatzhose über die Schultern.
Ich war nicht bei der Sache, und mit meinen Gedanken bei Imke. Ich konnte und wollte mich nicht damit abfinden, sie in ihrer Trauer nicht begleiten zu können, für sie da zusein, und ihr eine starke Schulter anzubieten. Ich wollte ihr die Möglichkeit geben, sich an meiner Schulter auszuweinen, so wie sie es früher schon immer gemacht hatte, wenn es ihr schlecht ging.
Mein Helm war heute besonders unbequem, und meine Haare darunter juckten wie die Pest. Die Duschen in der Turnhalle waren zwar eine Wohltat für Geist und Körper nach einer langen Schicht, aber ich hatte trotzdem das Gefühl von einer dicken Dreckschicht eingehüllt zu sein.
An diesem Abend wurden in meinem Bereich drei weitere Leichen geborgen. Tragische Opfer der zerstörerischen Kraft des Wassers. Jeder Tote ein Strich zuviel auf der Opferliste. Natürlich ging mir auch ihres, und das Schicksal ihrer Familien sehr nahe. Aber zu ihnen hatte ich keinen Bezug, um es mal nüchtern zu formulieren.
Aus ganz Deutschland traf weitere Hilfe ein. Menpower und große Maschinen, Lkw mit denen der Schutt und der Müll aus der Stadt gebracht werden konnte. Vor der ...