Ahrweiler - oder: das Buch des Lebens
Datum: 11.08.2020,
Kategorien:
Romantisch
Autor: Plautzi
... gab es zumindest frisches Wasser, und ein Generator lieferte Strom. Es war nicht viel, und unser Lager war mit ein paar Zelten, und einigen Feldbetten in der Turnhalle sicher nicht das Hilton, aber allemal besser, als es vielen Bürgern zur Zeit in dieser zerstörten Stadt ging.
Nicht wenige der Helfer, stellten ihr Bett in der Halle denjenigen zur Verfügung, die durch das Hochwasser ihr Dach über dem Kopf vollständig verloren hatten.
Ich hätte nie gedacht, was Nachbarschaftshilfe zu leisten vermag. Alle zogen an einem Strang und teilten das Wenige, was ihnen geblieben war.
Wir waren uns alle einig, dass keine Zeit zu verlieren war. Die lange Fahrt, und der unruhige Schlaf, steckte allen in den Knochen, und doch wollten alle so schnell wie möglich mit der Arbeit anfangen.
****
Pünktlich standen wir am vereinbarten Treffpunkt, bewaffnet mit Schaufeln, Spaten, Spitzhacken, Äxten, und einem ungebrochenen Willen zu Helfen.
Der Einsatzleiter bildet Trupps, gemischt aus 'alten' und 'neuen' Helfern, teilte sie auf die am schlimmsten betroffenen Stellen auf, und übergab mir die Leitung über die Trupps in einem genau festgelegten Gebiet. Dazu sollte ich mich um die Koordination und den Einsatz der schweren Geräte in diesem Bereich kümmern.
Normalerweise ist so etwas Sache des THW. Aber wir mussten aus der Not eine Tugend machen.
Es war dunkel geworden in Ahrweiler. Und trotzdem arbeiteten alle diejenigen weiter, die noch ein wenig Kraft übrig hatten. Männer ...
... aller Altersklassen, unabhängig von Beruf und Bildung, arm oder reich, egal welche mehr oder weniger gehobene Position sie sonst bekleideten, keiner war sich zu schade, um sich hier die Hände schmutzig zu machen.
Frauen verteilten heiße Getränke oder irgendwo liebevoll hergerichtete belegte Brote, eine alte Frau hatte einen alten Kessel reaktiviert, und eine kräftige Suppe für die Helfer gekocht.
Selbst Kinder versuchten Holz beiseite zu räumen, oder schoben mit Schabern die letzten Pfützen aus den Häusern, aus denen sich das Wasser bereits zurückgezogen hatte.
Suchhunde suchten mit ihren Hundeführen unermüdlich nach Opfern oder Verschütteten, immer in der Hoffnung, noch Lebende unter den Trümmern zu finden und zu retten.
Mikrofone wurde in Hohlräume gesteckt, Minikameras eingesetzt, um irgendwo ein leises Rufen, ein zaghaftes Klopfen zu hören, oder auf den Bildern menschliche Körper zu entdecken.
Für heute sollte es gut sein. Ein letztes Mal klapperte ich meine Trupps ab, und erkundigte mich nach dem Sachstand,
fragte, ob noch Dinge benötigt würden, die es zu organisieren galt, oder ob die Maschinenführer noch genug Diesel für die Nacht hatten.
Nachdenklich ging ich durch die Straße. Ich wollte mehr tun als organisieren, einteilen und kontrollieren. Aber ich hatte gerade keine Idee, wo ich damit anfangen sollte. Ich kam zu dem Entschluss, dass ich als Schnittstelle zwischen den Hilfskräften und der Organisation schon ganz gut aufgehoben war. Gerade die ...