1. Blinde Weihnachten


    Datum: 13.12.2020, Kategorien: Romantisch Autor: Kastor Aldebaran

    ... an den Lichtern, mochte, wenn sie bunt waren. Die LED-Technik brachte klare und helle Farben hervor, die ich genoss. Endsprechend begeistert lief ich weiter, achtete dabei weniger auf den Weg, sah mir mehr die Fassaden der Häuser an. Daher übersah ich ein wichtiges Detail.
    
    Gerade als ich eine besonders interessante und ausladende Beleuchtung im Vorbeigehen betrachtete, stieß ich mit jemandem zusammen, der aufschrie. Anhand der Stimme war mir klar, dass es sich um eine Frau handelte, wusste jedoch nicht, warum sie mir nicht ausgewichen war. Dies wurde mir erst klar, als sie auf dem Pflaster aufschlug, ihr weißer, langer Stock mit einer Kugel am Ende auf dem Boden aufprallte und davonrollte.
    
    "Oh, Entschuldigung, ich habe sie nicht gesehen!", sagte ich und wusste in dem Moment, dass es ein unpassender Satz gewesen war. Innerlich hätte ich mich ohrfeigen können.
    
    "Ich auch nicht!", antwortete sie und zu meiner Überraschung klang es nicht verbittert. Angesichts ihres Schicksals hätte ich es ihr nicht verübeln können, blind zu sein, oder zumindest größtenteils, war sicher nicht einfach.
    
    Sofort streckte ich ihr meine Hand entgegen wie ein Reflex, um ihr aufzuhelfen, als mir einfiel, dass sie diese nicht sehen konnte. "Darf ich ihnen helfen?", wollte ich wissen, hatte keine Ahnung, wie ich es anstellen sollte. "Das wäre nett von ihnen und ich griff nach ihrer Hand, die sie sofort zurückzog.
    
    "Bitte ihren Arm!", wünschte sie sich und ich beugte mich herunter, hielt ihr ...
    ... meinen angewinkelten Arm entgegen, damit sie ihn selber ergreifen konnte. Mit vereinten Kräften kam sie auf die Beine und ich bückte mich schnell, hob ihren Stock auf und übergab ihn ihr. "Sehr liebenswert!", bedankte sie sich, obwohl ich eigentlich der Verursacher unserer Kollision gewesen war.
    
    "Das ist das wenigste, was ich für sie machen kann. Bin ja hauptsächlich schuld daran, dass sie hingefallen sind!"
    
    Zu meiner Überraschung schüttelte sie ihren Kopf.
    
    "Nein, das sind wir beide, ich hätte genauso aufpassen müssen. Dass ich nichts sehe, dafür können sie nichts und ich muss genauso aufpassen, wie jeder andere auch, ich hätte sie hören müssen!" Danach entstand eine winzige Gesprächspause und ich empfand es als peinlich, dass mir nichts mehr einfiel. Dafür sah ich sie kurz genauer an als zuvor, musste innerlich grinsen.
    
    Sie war unbestimmten Alters, konnte vierzig oder fünfzig sein, schwer zu schätzen. Ihre Mütze, die sie trug, in Stil eines Schlumpfs aussah, konnte ihre krause Haarmasse kaum verbergen. Lockige, braune, mit silbrigen Strähnen versehene Haare quollen darunter hervor und ließen ihre Frisur verwildert aussehen, zumindest den Teil, den ich sehen konnte. Des weiteren war sie normal angezogen, Jeans, eine winterliche Jacke, warme Schuhe und trug eine leere Einkaufstasche über dem freien Arm. Wahrscheinlich wollte sie einkaufen gehen, letzte Besorgungen vor dem Fest machen.
    
    "Kann ich ihnen noch irgendwie helfen?", fragte ich sie um einen Übergang zu ...
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