Ein Abend im Theater "Guillotin"
Datum: 12.04.2019,
Kategorien:
CMNF
Autor: Anonym
... auch schicke Lederkostüme für echte Kerle, aber um solche zu tragen, müsse man wohl zuerst ein solcher sein... Und so ging es mehr als eine halbe Stunde unter teils schallendem, teils auch eher betretenem Lachen des Publikums hin und her.
Agnes hatte inzwischen die Bühne betreten, während Horst noch immer im Publikum stand. Horst brach den Streit mit Agnes ab und verkündete, für das weitere Programm brauchten sie eine experimentfreudige und mutige Frau als Freiwillige. Niemand meldete sich. Horst ging auf eine Frau zu. Diese zuckte zusammen und blickte Horst ängstlich an. Horst ging weiter, wandte sich einer anderen Zuschauerin zu, welche es jedoch heftig ablehnte, an einem Experiment mitzutun. So ging es noch einige Male hin und her, und plötzlich stand Horst vor Veronika und meinte, diese habe ein so harmloses scheinendes und liebliches Gesicht, dass sich dahinter sich nur eine heimliche Teufelin verstecken könne. Veronika, die innerlich angespannt war ob der Anrede, versuchte zu scherzen und meinte, wer wisse dies schon sicher. Der Scherz misslang. Nun erklärte Horst Veronika kurzerhand zur „Freiwilligen“. Diese blickte hilfesuchend zu Jochen, der nur ratlos die Achseln zuckte. Veronika wollte nicht Spielverderberin sein und erhob sich. Unter Applaus führte Horst Veronika auf die Bühne.
Dort nahm Agnes Veronika bei der Hand und fragte sie nach ihrem Namen, denn dies zu wissen mache das Gespräch doch sehr viel persönlicher. Und dann wollte Agnes wissen, ob Veronika ...
... auch schon mal ein ähnliches Kleid getragen habe wie dies eben Agnes tue. Veronika hielt dafür, das Kleid sei originell, es gefalle ihr und Lust hätte sie eigentlich schon, so etwas zu tragen. Doch sie habe Hemmungen. Nein, getragen habe sie so etwas noch nie und könne sich auch nicht wirklich vorstellen, ein solches zu tragen.
Damit lieferte sie Horst das Stichwort. Hemmungen und Mutlosigkeit seien Laster. Die gelte es zur Erreichung der inneren und äusseren Freiheit zu überwinden. Und dies sei nun Gegenstand eines Versuchs: Agnes und er wollten ausprobieren, wie weit sie Veronika animieren könnten, sich für diesen einen Abend von Hemmungen zu befreien und vor dem Publikum ihre naturgegebene seelische und – hier machte er eine lange Kunstpause - körperliche Schönheit freizulegen. Und für Veronika bestehe damit die Gelegenheit herauszufinden, wie weit sie einem solchen ihr angebotenen Weg zu folgen bereit sei. Dann fragte Agnes „von Frau zu Frau“, ob Veronika zu diesem Versuch bereit sei. Veronika sah sich in einem inneren Zweikampf zweier Seelen, sie war neugierig darauf, das ihr noch Unbekannte selbst und direkt zu erleben und nicht nur aus dem Zuschauerraum heraus zu beobachten, hatte aber Angst vor dem Wort „freilegen“, das etwas Unheimliches in sich trug. Nach dreimal leer Schlucken antwortete sie mit belegter Stimme, ja, doch, sie ... sie sei bereit, werde aber den „Weg“ wohl nicht weit mitmachen und allenfalls auch den Versuch abbrechen. Horst dankte Veronika und ...