1. Ein Abend im Theater "Guillotin"


    Datum: 12.04.2019, Kategorien: CMNF Autor: Anonym

    ... forderte das Publikum auf, zu applaudieren. Dann warf er ein, er sage Veronika voraus, sie werde an diesem Abend ihren Weg weit, sehr weit gehen und auch noch nackt auf dieser Bühne stehen, und zwar freiwillig. Veronika entgegnete mit schallendem Lachen, nein, jetzt gehe Horst die Fantasie durch, solches werde sie sicherlich nicht tun. Horst wandte sich an einen Zuschauer in der ersten Reihe und fragte diesen, ob er sich Veronika nackt vorstellen könne. Dieser bekam einen roten Kopf und druckste etwas herum, das wie nein und nicht daran gedacht tönte. Horst fuhr den Zuschauer an, ob man ihm in der Schule nicht beigebracht habe, laut, deutlich und in vollständigen Sätzen zu sprechen. Gelächter. Im Übrigen lüge er, denn selbstverständlich hätten sich alle im Saal ein Bild gemacht, wie Veronika nackt auf der Bühnen stehen werde. Der Mann sank in seinem Stuhl zusammen, lachte verzweifelt auf und sagte nichts mehr. Siehst du, wandte sich Horst nun wieder Veronika zu, du bist auf deinem Weg schon viel weiter als dieser arme Mensch, der nicht die Kraft habe, dir seinen Wunsch klar und deutlich mitzuteilen. Man sollte das Publikum nicht enttäuschen, und Veronika habe die nötige Kraft und innere Freiheit, diesem Herrn und allen Männern und Frauen im Saal diesen kleinen Wunsch, der doch überhaupt nicht weh tue, zu erfüllen. Er wiederhole deshalb seine Voraussage: Splitterfasernackt werde Veronika sich dem Publikum zeigen. Ob Veronika verstanden habe, fragt er. Sie antwortet, ja, das ...
    ... habe sie verstanden, nackt werde sie hier auf der Bühne stehen, behaupte Horst, aber das sei nun wirklich kein kleiner Wunsch und den werde sie eben nicht erfüllen. Horst dankte Veronika. Jetzt habe das ganze Publikum gehört, dass sie verstanden habe, was es von ihr erwarte und was er ihr vorausgesagt habe. Veronika werde nicht sagen können, sie habe es nicht gewusst.
    
    Agnes schalt Horst der Rücksichtslosigkeit und taktischen Dummheit, gelte es doch, Veronikas Vertrauen zu gewinnen und diese nicht zu verängstigen. Veronika meinte, Angst habe sie nicht. Agnes wendete sich mit warmer Stimme Veronika zu, nein das müsse sie auch nicht haben. Und wenn sie solche nicht habe, könne sie ja vielleicht gleich ein Zeichen guten Willens setzen und wenigstens die zwei obersten Knöpfe ihrer Bluse öffnen. Veronika lachte und meinte, ja dazu sei sie bereit. Der oberste Knopf war ohnehin bereits offen, den zweiten öffnete nun Veronika. Gedankenverloren öffnete sie gleich noch den dritten, was ihr das „Lob“ einbrachte, ein braves Mädchen zu sein, das den Mechanismus des vorauseilenden Gehorsam beherrsche. Veronika verbat sich diese Unterstellung und liess den dritten, versehentlich geöffneten Knopf offen. Also doch eine kleine Teufelin, kommentierte Horst. Lieber lasse sie sich dem Publikum als ein schamloses Ding vorführen, als in Verdacht zu kommen, ein prüdes Mädchen zu sein. Agnes doppelte nach, wenn Veronika ihre Bluse schon so weit geöffnet habe, dass jetzt alle wüssten, dass sie unter ...
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