Till Eulenspiegels verschwiegene Streiche
Datum: 26.12.2021,
Kategorien:
Humor
Autor: Achterlaub
Manche Geschichtenbücher, die uns als Kinder von den Eltern vorgelesen wurden, waren ursprünglich nicht für die Kleinen bestimmt. Aber da viele Erzählungen so spaßig erschienen, hat man einige ausgewählt, sie in eine kindgerechte Sprache gefasst und legt sie auch heutzutage noch auf manchen Gabentisch der Kindergarten- und Grundschulkinder. So verhält es sich auch mit den zuweilen bösen Späßen eines Till Eulenspiegel. Wenn er die Anordnungen seiner Mitmenschen wörtlich nahm oder ungerechtem Verhalten mit einer Narretei begegnete, haben wir über seine Streiche lauthals gelacht.
Darüber haben dann die Erwachsenen vergessen, dass unser schalkhafter Possenreißer so einiges vollbrachte und erlebte, was für Kinderohren wenig geeignet erscheint. Von diesen seiner wahrhaftigen Erlebnisse, mit denen er der Moral der Zeit den Spiegel vorhielt, möchte ich einige Geschichten erzählen.
Eulenspiegel in der Malerlehre
Als Eulenspiegel auf seiner Wanderung in Celle ankam, war sein letztes Geld verbraucht. So beschloss er, sich als Malerlehrling zu verdingen. Er hatte im Wirtshaus Zum Löwen mit dem alten Meister Gernot einige Liter Bier - natürlich auf dessen Kosten - genießen können. Dabei verabredeten sie, dass er sogleich in dessen Dienste treten könne. Meister Gernot wolle ihn in allem unterweisen. Heller oder Pfennige dürfe er nicht erwarten. Aber ein warmes Bett in der Gesindestube und das tägliche Essen seien ihm sicher. Damit wollte Eulenspiegel sich diesmal ...
... begnügen.
Schon nach wenigen Tagen war er dem alten Meister Gernot eine wirkliche Hilfe. Er rührte die Farben an, kratzte den alten Belag von Fenstern und Türen und tat auch sonst einiges, um dem in die Jahre gekommenen Malermeister die tägliche Arbeit zu erleichtern. Dieser war ihm nicht nur auf den täglichen Sitzungen im Löwen ein guter Freund. Meister Gernot erwies Eulenspiegel auch über Tage seine Gunst. Dick strich er zur Vesperzeit die Leberwurst auf die Brotscheiben. Auch der Bierkrug war stets wohl gefüllt. Nie sprach der alte Mann ein böses Wort. Manches Mal sogar steckte er ihm den einen oder anderen Heller zu. Aber davon durfte seine Frau keinesfalls wissen. Die war ein äußerst bösartiges und garstiges Weib. Sie verlängerte den beiden ihre morgendliche Milchsuppe mit viel Wasser, während sie selbst sich am dicken Rahm Genüge tat. In den Brei mischte sie Sägespäne, was dem Eulenspiegel nicht selten arges Magengrimmen verursachte. Und dann hatte sie stets etwas an ihm auszusetzen. Mal war er zu laut, dann wieder zu leise. Er sei schmutzig oder hässlich zu ihr. Mit diesen Vorwürfen lag sie ihrem Mann, der um etliches älter war als sie, beinahe jeden Tag in den Ohren. Doch der scherte sich glücklicherweise nicht darum. Als Eulenspiegel dann eines Tages sogar Disteln in seinem Bettzeug fand, musste er es der Hausfrau heimzahlen. Vor allem wurmte ihn, dass sie sich nach außen hin stets als die liebevolle, tugendhafte und ehrbare Ehefrau gab. Dabei ahnten etliche in dem Städtchen, dass ...