Die Kunst, eine Affäre zu vermeiden
Datum: 25.07.2022,
Kategorien:
Humor
Autor: Maria_Heinz
... einfach sein? Warum durften sie
ihre Bedürfnisse nicht ausleben?
Jörg war derweil nach draußen gegangen. Also durfte sie zurück
schauen. Sie zog einen Mundwinkel, eine Schulter hoch.
„Ja, sowas gibt’s tatsächlich. Also, für mich jedenfalls.“
Er nickte und grinste. „Ich weiß.“ Dabei spitzte er
leicht die Lippen. Über eine weißhaarige Dame hinweg sahen
sie sich an. Und zum ersten Mal wichen sie einander nicht
aus. Sie bemühte sich, alles in diesen Blick zu legen, was
sie zu sagen hatte. Es war viel. In seinen Augen sah sie...
Angst, Aufregung, Verwirrung. Dann glitt sein Blick zu ihrem
Mund, und nun zuckte er endlich deutlich erschrocken zurück.
Traurig sah sie ihn an.
Er lief rot an und rannte hinaus.
Sie nahm sich die Gitarre und begann leise zu singen:
„Horch, was kommt von draußen rein“.
II
Am nächsten Tag mied er ihren Blick. Mied ihren Blick,
schickte sie nach oben und ließ sie dort allein.
Sie arbeitete, halbwegs erleichtert, vor sich hin.
Zum Glück gab es immer genug zu tun!
Wenn sie ihn suchte, wich er ihr aus, bis sie es auf-
gab. Zum Ausgleich war sie besonders fürsorglich, half
überall und sprach kein schlechtes Wort über irgend
jemanden.
Zwar tat es weh, aber die Erleichterung war größer. Sie
wollte ihm dies gerne klar machen. Doch reden?
Mit einem Mann? Über Gefühle, die diesem vielleicht nicht
einmal ganz bewusst, geschweige denn geheuer waren?
Und das Ganze auf Arbeit, wo ...
... sie nie, nie, nie alles
preisgeben durfte?
Jede Nacht träumte sie von ihm. Beim Einschlafen
musste sie sich einfach vorstellen, wie sie seinen Kopf
an sich drückte, ihn küsste, streichelte...
und dabei hoffte, dass seine Frau das für ihn tat.
Sie wollte so sehr, dass es ihm gutging.
Ob es irgendwo auf der Welt jemanden gab, der sie verstand?
Der ihre Art, Liebe zu geben, akzeptieren konnte?
Sie wusste inzwischen, dass selbst all diese Impulse,
die zwischen ihnen hin und her gelaufen waren, nicht
bis zum Bewusstsein eines Mannes vorzudringen brauchten.
Es konnte durchaus sein, dass er sich garnicht im Klaren
war, was da zwischen ihnen lief.
Wahrscheinlicher fand sie allerdings die Variante, dass
er hartnäckig vor sich und allen anderen seine Gefühle
leugnete. Ach, wie gerne hätte sie ihm geholfen.
Sie konnte ihn ja verstehen. Sie wollte doch nichts
zerstören- und doch waren ihre Gefühle für ihn so stark,
so...er war einfach heiß- und sie musste wahnsinnig
aufpassen, dass sie sich nicht die Finger verbrannte!
In der darauffolgenden Woche- es regnete, und sie hatte
erneut fast nur noch auf ihrem Wohnbereich zu tun-
fand sie allmählich wieder zu einer kühlen, höflich-
distanzierten Umgangsform zu ihm zurück.
Das ging sogar so weit, dass Mandy sie fragte, ob sie etwa
von ihm Anschiss gekriegt hätte. Sie antwortete,
dass sie sicher im Moment wieder einiges falsch machte,
was Mandy sehr wunderte. Denn ...