Der Cassandra Komplex
Datum: 24.08.2023,
Kategorien:
Romantisch
Autor: postpartem
... versuchst zu kompensieren. Ich wollte dich eigentlich schon fragen, als wir die Sachen geschleppt haben, nicht dass du dir einen Hexenschuss holst."
"Ehm... nein", erwiderte ich lächelnd. "Ich praktiziere nur den aus der Mode geratenen aufrechten Gang."
"Verstehe. Nun, das versuche ich zwar auch, aber bei dir wirkt das etwas unnatürlich. Ich beschäftige mich mit Yoga und Bioenergetik, vielleicht wäre das auch was für dich, um etwas lockerer zu werden. Du bist schließlich nicht mehr beim Militär, also brauchst du keinen Panzer, oder?"
Oje. Zum einen war mir nicht hundertprozentig klar, was sie mit Panzer meinte, vermutete aber schon, dass sie damit auf meinen Körper anspielte. Zum anderen erhärtete ihre Yoga-Referenz meinen Verdacht, dass ich bald in den zweifelhaften Genuss des Duftes diverser Räucherstäbchen kommen könnte.
"Ehm... nein, ich halte mich einfach gerade, das mag unnatürlich wirken, aber ich empfinde es als eine ganz natürliche Körperhaltung."
"So, so. Nun... jetzt wirkst du aber gerade auf mich, als ob du total angespannt bist... bleib locker, ich tue dir schon nichts."
Haha. Irgendwie von diesem Thema ablenken.
"Ich habe diesbezüglich keinerlei Befürchtungen und zudem eine Nahkampfausbildung genossen. Etwas ungewohnt ist die Situation sicher, weil ich bislang vornehmlich mit Männern zusammengelebt habe, von meiner Mutter einmal abgesehen...", versuchte ich die Kurve zu kriegen. Aber mit denen hatte ich wie gesagt nicht immer Glück.
"Den ...
... Eindruck hatte ich allerdings. Du hast noch nie in einer deiner Beziehungen mit einer Frau zusammengelebt?", wollte sie wissen.
"Ehm... nein, weil ich eine solche bislang noch nicht hatte. Ich bin eher ein Einzelkämpfer", versuchte ich einen zugegebenermaßen lahmen Scherz.
Sie sah mich verblüfft und dann fast besorgt an.
"Alles klar, verstehe. Du kommst mit deiner Homosexualität nicht zurecht?", kam die Rückfrage.
Ich räusperte mich, bevor ich mit einem verunglückten Lächeln antwortete.
"Damit käme ich wunderbar zurecht, allerdings ist dies keineswegs meine Orientierung. Ich bin nicht homosexuell", klärte ich ihren Fehlschluss auf.
Da das Gespräch wieder in Regionen abgeglitten war, die mir unangenehm waren, versuchte ich einen erneuten Themenwechsel.
"Wir haben noch nicht über Abläufe und ähnliches gesprochen", setzte ich an.
"Abläufe?"
"Nun, Badezimmerroutinen, Mahlzeiten, also ob wir diese gemeinsam oder getrennt kochen und einnehmen, Abwasch, Putzen, so etwas halt."
"Was meinst du mit Badezimmerroutinen?"
"Ehm... ich stehe beispielsweise um 6:15 Uhr auf, rasiere und dusche mich bis circa 6:35 Uhr, frühstücke dann um 6:45 Uhr...", begann ich, bis mich ihr Lachen stoppte.
"Du bist gedanklich immer noch beim Bund, was? Ich denke, das bekommen wir hin. Wenn das Bad besetzt ist, ist es eben besetzt. Ich bin flexibel. Ich stehe etwas früher auf, mache dann aber erst einmal eine halbe bis eine Stunde Yoga. Ich hoffe, es ist dir recht, wenn ich ...