1. Joes kleine Meerjungfrau


    Datum: 12.07.2019, Kategorien: Sonstige, Autor: Dingo666

    ... als ich deinem Boot nachgeschwommen bin. Ich habe am Kopf geblutet, richtig? Also hätten sie mich gefunden. Normalerweise haben wir keine Angst vor Haien, aber alleine und bewusstlos wäre ich leichte Beute gewesen. Danke, dass du mich gerettet hast. Und danke für den Verband."
    
    "Gerne. Das war doch das Mindeste. Aber sag mal: Warum bist du denn meinem Boot gefolgt?", wollte er wissen.
    
    Sie schlug die Augen nieder.
    
    "Das - machen wir halt manchmal. Mache ich, genauer gesagt. Es ist uns verboten, Kontakt zu Menschen aufzunehmen. Aber manchmal sehe ich mir eure Schiffe an, oder wie es an Land ist, von ferne. Vor ein paar Tagen bin ich mit einem riesigen Unterseeschiff geschwommen. Eines von denen mit dieser kleinen Sonne drin."
    
    "Einem Atom-U-Boot?" Er riss die Augen auf. "Und die haben dich nicht bemerkt?"
    
    "Doch." Sie lachte verschmitzt. "Ich habe die Wellen gespürt, mit denen sie tasten. Aber sie können uns nicht von Fischen unterscheiden."
    
    Er lachte mit. Dann streckte er ihr die Hand hin.
    
    "Ich bin Joseph Michael Cain" sagte er. "Sag einfach Joe zu mir."
    
    "Joe." Sie nickte und sah ratlos auf seine Hand. "Ich heiße Najatigirini deli Mogahetrana Som. Der Vorname bedeutet in deiner Sprache etwa: "Aufsteigende Luftblasen im Sonnenlicht. Du kannst mich Naja nennen."
    
    "Gut, Naja."
    
    Er ergriff ihre rechte Hand - vorsichtig wegen ihrer Verletzung - und schüttelte sie einmal. Sie sah zu und kicherte.
    
    "Begrüßt ihr euch auf diese Weise?"
    
    "Ja. Nun, in dem ...
    ... Teil der Welt, in dem ich lebe." Er ließ ihre kühlen Finger los.
    
    "Welcher ist das?"
    
    "Die Vereinigten Staaten von Amerika." Er konnte nicht umhin, Stolz zu empfinden. "Das größte und reichste Land der Welt. Der trockenen Welt zumindest."
    
    "Ah." Sie wies mit dem Kinn in Richtung Osten. "Das ist der Kontinent in dieser Richtung, ja? Der mit den vielen Schiffen und Flugzeugen."
    
    "Stimmt. Und woher bist du?"
    
    "Ach... wir sind überall im Meer." Sie wich seinen Augen aus. Er nickte und akzeptierte die Ausrede. Sie hatte wenig Grund, ihm zu vertrauen. Noch nicht.
    
    "Wie begrüßt ihr euch denn?", brachte er die Unterhaltung auf eine harmlosere Ebene.
    
    "Mit Tönen, auf weitere Entfernung", meinte sie. "Und mit Schwänzeln, wenn wir uns nahe sind."
    
    "Schwänzeln?"
    
    "Wir schwimmen voreinander und schlingen die Schwänze umeinander", erklärte sie und verbog ihre untere Hälfte in eine Art Ganzkörperlocke. "Dazu schmiegen wir die Wangen aneinander, wenn wir uns einmal offiziell vorgestellt wurden."
    
    "Das klingt nett", lächelte er.
    
    "Aber - bei dir geht das ja gar nicht." Sie fasste hoch, strich über seinen struppigen Bart. "Ich habe jedenfalls noch nie davon gehört. Unsere Männer haben keine Haare im Gesicht." Das fühlte sich gut an, wie sie so fasziniert über seine Haare fuhr.
    
    "Es geht schon. Es fühlt sich eben anders an. Wir machen das auch, und vielen Menschenfrauen gefällt es." meinte er.
    
    "Wirklich?" Sie fixierte ihn wieder mit diesem durchdringenden Blick. ...
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