1. Joes kleine Meerjungfrau


    Datum: 12.07.2019, Kategorien: Sonstige, Autor: Dingo666

    ... seiner Seele dringen. Er schluckte.
    
    Etwas ruhiger sah sie sich um, erfasste systematisch die Umgebung. Schließlich deutete sie ein Nicken an und entspannte ein wenig. Joe ließ den angestauten Atem entweichen, aber langsam, und leise.
    
    "In Sicherheit", wiederholte sie und sah an ihm hinab und hinauf. "Menschenmann!"
    
    "Du verstehst meine Sprache?", staunte er.
    
    "Nein." Sie legte den Kopf schräg, in einer katzenhaften Geste. "Du sprichst gerade meine Sprache."
    
    "Unmöglich." Er lachte leise. "Ich kann mich nicht erinnern, dass ich das gelernt habe."
    
    "Und ich habe nie die Menschensprache ge... - ahh!" Sie brach ab und nickte nachdenklich.
    
    Auch Joe hatte es jetzt gehört. Die Laute, die sie von sich gab, hörten sich an wie eine Art weichgespültes Chinesisch. "Ngi goh nah non oha ghan ghia..." und so weiter. Doch in seinem Kopf entstanden im selben Moment die Worte, als ob er sie durch die Ohren vernommen hätte. Offenbar eine Art von Telepathie. Faszinierend! Hier würde Google kein Geschäft mit Übersetzungssoftware machen.
    
    "Die alten Geschichten sagen, Menschen und Meerleute können miteinander sprechen", flüsterte sie und blickte ihn mit diesen übergroßen Augen an, die in einem herrlichen Smaragdgrün strahlten. "Ich wusste nie, wie das gemeint war."
    
    "Wir... haben auch Geschichten über euch", antwortete er. "Doch alle halten sie für Mythen, für reine Erfindung. Niemand glaubt, dass es euch wirklich gibt."
    
    "Gut so." Sie nickte nachdrücklich. "Genau das will ...
    ... mein Volk. Wir sind wenige, und ihr Menschen seid so viele. Nur die Verborgenheit der Tiefe schützt uns."
    
    "Verstehe. Ich werde nichts verraten."
    
    "Das ist kein Problem." Jetzt grinste sie breit und zeigte dabei alle Zähne. Das verlieh ihrem ätherischen Gesicht eine raubtierhafte Note. "Keiner würde dir glauben, wenn du von unserer Begegnung erzählst, oder?"
    
    "Stimmt." Er lachte auf. "Anscheinend habt ihr Erfahrung mit sowas." Dumm war sie nicht. Er würde seinen ganzen Grips zusammennehmen müssen, um sie an sich zu binden.
    
    "Vielleicht." Sie neigte den Kopf und studierte ihn mit einer Intensität, die ihm ein leichtes Unbehagen einflößte. Dann wollte sie ihre Lage verändern und zuckte zusammen. Sie nahm den bandagierten Arm und strich darüber. Dann fasste sie sich an den Kopf, betastete den Verband, und verzog das Gesicht.
    
    "Ich glaube, das war meine Schuld", bekannte Joe. "Ich wollte nur das Boot aufrichten, und nicht dich mit der Radarkuppel beschießen."
    
    "Da ist plötzlich etwas auf mich zugeflogen", überlegte sie und bewegte prüfend den Schwanz im Wasser hin und her. "Rasend schnell. Dann - weiß ich nichts mehr."
    
    "Du bist bewusstlos im Wasser getrieben", erklärte er. "Ich dachte, ich hätte eine menschliche Frau getroffen, und dich an den Strand gebracht. Erst da sah ich, dass du... anders bist. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, ich hätte dich nicht an Land geholt, oder?"
    
    "Hm, doch." Sie lächelte kleinlaut. "Da draußen waren Haie. Ich habe sie gespürt, ...
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