1. Joes kleine Meerjungfrau


    Datum: 12.07.2019, Kategorien: Sonstige, Autor: Dingo666

    ... und immer wieder. Triff keine Menschen. Halte dich so weit wie möglich entfernt. Weiche ihnen aus, verstecke dich."
    
    Joe kämpfte gegen ein schlechtes Gewissen. Hatten die Menschen diesen schlechten Ruf verdient? Hm, wahrscheinlich schon.
    
    Aber - Moment!
    
    "Wie kommt es dann, dass du hinter meinem Boot her warst?", fragte er sie.
    
    Naja schlug die Augen nieder, konnte aber ein Grinsen nicht ganz unterdrücken.
    
    "Ich - nun sagen wir, ich halte mich nicht immer an die Regeln", erklärte sie geziert. "Das hat mir schon viel Ärger eingetragen. Aber wenn mich etwas neugierig macht, dann muss ich einfach mehr darüber wissen. Es lässt mir keine Ruhe."
    
    "Verstehe." Er grinste breit. "Und Menschen interessieren dich."
    
    "Aber sicher." Sie hob die Arme. "Alle in meinem Alter interessieren sich für Menschen. Aber die meisten fürchten sich, und lassen sich von den Alten beeindrucken. Von den Geschichten und so. Und dann sind sie zu alt und wollen nicht mehr an die Oberfläche."
    
    "Und du fürchtest dich nicht?"
    
    "Nicht so sehr vielleicht." Sie lächelte strahlend. "Ich gehe den Dingen gerne nach. Eines der Privilegien meiner Position."
    
    "Deine Position?"
    
    "Ach - nicht wichtig," wischte sie das beiseite. "Jedenfalls weiß ich nicht, wie häufig ich schon Arrest oder Schlimmeres kassiert habe, nur weil ich mal wieder unbedingt etwas herausfinden musste. Im letzten Sommer zum Beispiel, da wollte ich unbedingt die Rahemidi-Tänze selbst sehen. Da kommt man nicht so einfach rein, ...
    ... alles ist abgesperrt. Aber ich habe es geschafft."
    
    Sie lächelte ihn stolz an, und er neigte beeindruckt den Kopf.
    
    "Nicht übel. Du bist also eine besonders willensstarke und neugierige Meerjungfrau."
    
    "Meerfrau, bitte", korrigierte sie trocken. "Das mit der Jungfrau ist lange her."
    
    "Ach?" Schmunzelte er.
    
    Sie stemmte in einer Geste gespielter Entrüstung die Hände in die Hüften.
    
    "Ach? Was soll das heißen?", wollte sie wissen. "Ich bin 62 Jahre alt. Mit 25 wurde ich in die Welt der Erwachsenen eingeführt. Seitdem darf ich so viel Sex haben wie ich will. Und das ist ja schließlich der Hauptgrund, warum man erwachsen sein will, oder?"
    
    "Ja, schon", stotterte er, kurzzeitig überfordert. "Ist bei uns auch so, denke ich. Wie alt werdet ihr denn?"
    
    "Meist so 200 bis 250 Jahre." Sie zuckte die Schultern. "Ihr seid kurzlebiger, ich weiß."
    
    "Das heißt, nach menschlichen Maßstäben wärst du Ende zwanzig", überlegte er. "Das passt. Du siehst jung und hübsch aus."
    
    "Wirklich?" Sie schenkte ihm ein strahlendes Raubtierlächeln. Komplimente funktionierten offenbar gattungsübergreifend. Sie lehnte sich zurück, stützte sich auf beiden Händen ab. Das sah exakt so aus wie eine vollbusige Frau im vollen Bewusstsein ihrer Schönheit, die sich in einem Liegestuhl im Luxushotel zurücklegt...
    
    Das lief ja einwandfrei! Er lächelte sie harmlos an, verbarg die Gedanken, die Bilder in seinem Kopf. Ganz langsam! Abschleppen blieb Abschleppen, egal welche Körperfarbe. Und darin war er ...
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