1. Joes kleine Meerjungfrau


    Datum: 12.07.2019, Kategorien: Sonstige, Autor: Dingo666

    ... dabei von sich gab.
    
    "Bitte! Joe! Menschenmann!" Sie klammerte sich an seine Schulter. "Nimm mich mit in deine Welt."
    
    "Du - du wärst unglücklich dort", stieß er hervor und machte sich los. "Ein Monster. Oder das Gespött von allen."
    
    "Aber ich wäre mit dir" Sie schluchzte auf. "Die Alten hatten recht. Man darf sich nicht in Menschen verlieben. Aber es geschieht dennoch immer wieder."
    
    "Du bleibst hier." Er rappelte sich hoch und streifte die Kleider über, die im Sand verstreut lagen. "Zeig dich nicht. Ich lenke sie ab, damit sie nicht hierherkommen. Wenn der Hubschrauber weg ist, kriechst du am Bach entlang runter zum Meer."
    
    "Joe!" Ein Hilfeschrei.
    
    Der Motorsound der Flugmaschine änderte sich abrupt. Sie kreiste über dem Strand, gar nicht weit weg, und setzte zur Landung an.
    
    Joe kniete sich neben seine Geliebte, nahm ihren Kopf zwischen die Hände und küsste sie verzweifelt. Ihre lange Zunge schlängelte sich in seinen Mund, er leckte daran und biss sie sanft auf den Zungengrund. Neues Schluchzen.
    
    "Ich liebe dich auch!" Er riss sich los und wankte zurück. "Ich - ich werde dich niemals vergessen, Naja!"
    
    "Joe! Nein! Was soll ich denn tun ohne dich? Wie soll ich...?"
    
    Er drehte sich um, so schwer, als würde er gegen ein Magnetfeld ankämpfen, und trottete mit gesenktem Kopf in Richtung Strand. Ein großer, grauer Militärhubschrauber setzte gerade auf beiden Kufen auf und blies ihm einen Sandsturm entgegen.
    
    Hatte er sie nicht ursprünglich selbst mitnehmen ...
    ... wollen? Als Trophäe? Als Schaustück? Als Mittel zum Zweck, um Dunja wieder für ihn zu interessieren? Wie weit weg diese Gedanken schienen. Wie aus einem früheren Leben.
    
    Niemals konnte er so etwas einem geliebten Wesen antun. Egal, welcher Art es angehörte! Im Gegenteil: Davor musste er sie retten.
    
    Was ihn das kostete, durfte dabei überhaupt keine Rolle spielen.
    
    ***
    
    Zehn Minuten später dröhnte der Hubschrauber im Tiefflug in Richtung Westen. Sergeant Fatu Kehela brachte eine Wolldecke und legte sie dem geretteten Segler um die Schultern. Der saß reglos auf einer Klappbank im Heck des Hubschraubers und starrte auf die Profilbleche, die den Boden des Frachtraums bildeten. Er reagierte kaum, auch nicht auf einen aufmunternden Klaps auf den Arm.
    
    "Alles klar, Sportsfreund?", fragte Fatu ihn. Der Typ war ihm von Anfang an seltsam vorgekommen. Üblicherweise überschlugen sich die Leute vor Freude und Dankbarkeit, wenn sie von der Marine aufgesammelt wurden.
    
    "Hm?"
    
    Der Passagier sah hoch und Fatu zuckte zurück. Die Augen des Geretteten, eigentlich von einem tiefen Blau, wirkten wie endlose Schächte in die Finsternis.
    
    "Äh - ganz schöner Schock, so eine Strandung, was?", lärmte Fatu drauflos. Diesen Blick, den hielt er einfach nicht aus. "Du bist sicher froh, dass wir dich so schnell gefunden haben, oder?"
    
    Der Mann starrte ihn nur an. Dann sagte er mit toter Stimme:
    
    "Und ihrer Sehnsucht fester Griff zieht ihn in ew´ge Nacht"
    
    "W-was?", fragte Fatu, obwohl ...