1. Suomi, Mon Amour


    Datum: 26.03.2024, Kategorien: Schwule Autor: byBartolomeu_Dias

    ... mit ihm alt werden will, und jetzt erstmal weg aus diesem Kaff! Sag es Topi, sag es."
    
    Sampo taucht wieder auf aus der Kühltruhe, schließt den Deckel, und wendet sich dem offenen Verkaufsfenster zu. Jedoch nicht, ohne noch einen schnellen Blick auf Topi zu werfen.
    
    "Hast du denn nicht auch genug davon dich zu verstecken? Wird es dir hier nicht auch zu eng? Sag ihnen, daß du mit mir nach Helsinki gehst, weil du mein Freund bist. Einem neuen Leben entgegen. Mehr verlange ich doch gar nicht. Sei einmal stark! Hab einmal den Mut deinen Eltern entgegenzutreten. Laß mich nicht immer alles alleine machen! Topi, mein schöner Topi!"
    
    Sampo nimmt die Tüte, um sie dem gierig wartenden Jungen runter zureichen. Als er sich aus dem Fenster beugt, fällt sein Blick auf einen Fremden, der vom Fahrrad steigt, um es an der gegenüberliegenden Straßenlaterne anzuschließen. Ein Tourist, Engländer vielleicht. Weißes T-Shirt, kurze Hose, Segelschuhe.
    
    Als Sampo sich wieder aufrichtet, und auf die behaarten Beine des Mannes schaut, wird es ganz still in ihm. Eine unruhige Stille, als würde etwas an ihm ziehen, oder als würde er eine Antwort bekommen, wenn er nur genau genug hinhören würde. Doch Sampo hört nur das Blut in seinen Ohren rauschen.
    
    Der Mann schließt das Rad an die Laterne, und Sampo schaut atemlos und erstaunt zu, wie er mit der Hand über den dreckigen Laternenpfahl streicht.
    
    Sampo ist fasziniert von der Schönheit der Geste, und der Hand des Mannes. Ohne ein Wort dafür zu ...
    ... haben, wünscht er sich, daß diese Hand mit derselben Zärtlichkeit über seinen Körper streichen würde. Sicher und unbeirrt, wie Topi es nie war. Kaum wagt Sampo zu schlucken, so gefangen ist er von diesem Augenblick. Hört weder das Lärmen der Kinder, noch die heran rollenden Wellen, noch den Wind mit seinem ewigen Versprechen von fernen Ländern.
    
    Doch der Mann wendet sich um, um zum Strand zu gehen. Und da treffen seine Augen die von Sampo. Und Sampo wünscht sich nichts sehnlicher, als daß dieser Mann ihn mitnehme. Aus welchem Land auch immer er käme, nur fort von hier. Fort von der Enge, fort von dem Verstecken, und fort... Ja, wovon eigentlich?
    
    Er schaut dem Mann nach, wie dieser den Weg zum Strand entlanggeht, und fühlt auf einmal eine Wut in sich aufsteigen. Eine Wut wie lodernde Flammen, und er muß blinzeln, um die Tränen zu vertreiben. Wut auf die Sehnsucht, die dieser fremde Mann in ihm ausgelöst hat; Wut auf Topi, der Angst vor der Wahrheit und seinen Eltern hat; Wut auf das spießige Finnland, wo Männer heiraten dürfen, aber trotzdem zusammengeschlagen werden, wenn sie es denn tun. Schnell wirft er einen Blick auf Topi, der gelangweilt in der Sonne sitzt, und mit den nackten Beinen schaukelt. Am liebsten würde Sampo schreien. Einfach irgendwas schreien, egal was. Doch er kann sich nicht bewegen.
    
    III.
    
    Eigentlich will Topi gar nicht zum Strand gehen, doch es scheint der natürliche Weg für ihn zu sein. Seit Jahren vertraut, im Sommer täglich gegangen, um mit ...
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