1. Süchtig 01


    Datum: 24.08.2019, Kategorien: Hausfrauen Autor: byHannsonX

    ... gerade über die Hälfte der Oberschenkel.
    
    Für meine siebenunddreißig Jahre kann ich stolz auf meine Beine sein!
    
    Bei dem Blick, der mich trifft keimt Selbstzufriedenheit in mir auf.
    
    Bedauert er vielleicht, jetzt zu erkennen was er da für ein billiges, fünfundzwanzigjähriges Flittchen verlassen hat?
    
    Oder hat er nur registriert, dass ich nicht mehr die Rolle des unscheinbaren Hausmütterchens spiele, die ich während unserer Ehe innehatte?
    
    „Marco hat am Montag Mathematikschularbeit!" sage ich und drücke dem Ex zum Leidwesen meines Sohnes die Bücher in die Hand. „Kannst du bitte die Bruchrechnungen mit ihm üben!"
    
    Ich schließe die Türe und höre das leiser werdende Poltern ihrer Schritte im Stiegenhaus.
    
    Ich bin schon ziemlich in Eile.
    
    Ich möchte nicht zu spät kommen. Ich DARF nicht zu spät dran sein.
    
    Dann zögere ich doch noch einen Moment.
    
    So wie immer fährt der Gedanke in mein Hirn, dass es Irrsinn ist was ich da tue!
    
    Meine an und für sich von rationaler Denkweise dominierte Wesensart meldet ihre Bedenken an, erklärt mir durchaus nachvollziehbar, dass ich es auch anders haben könnte. Es KANN nicht schwer sein, einen normalen, halbwegs gutaussehenden Mann kennenzulernen. Keine feste Beziehung in einem gemeinsamen Haushalt -- das will ich gar nicht mehr - , sondern mehr eine Freundschaft, jemanden zum Reden, für gemeinsame Freizeit und als Begleitung bei Einladungen zu verheirateten Freunden, damit ich mich dort nicht mehr als fünftes Rad am Wagen ...
    ... fühle. Und natürlich für ein wenig Sex, denn in Bezug darauf bin ich seit der Scheidung praktisch verhungert!
    
    Doch mein emotionales Ich, meine Libido und mein Abenteuergeist wollen das nicht hören. Sie wollen NICHTMEHR hören, was vor wenigen Wochen noch ganz selbstverständlich gewesen wäre.
    
    Es ist als hätte sich in meinem Leben plötzlich ein Tor geöffnet, das mich all die Eintönigkeit und Langeweile des Alltags verlassen lässt. Ein Ventil zum Stressabbau, eine Maske vor dem bürgerlichen Leben oder vielleicht doch ein Mittel, dass mich zum Ablegen der biederen Verkleidung einer angepassten Mutter und Leiterin der Personalsteuerungsabteilung eines mittelständischen Unternehmens bringt.
    
    Ich denke nicht darüber nach, ich WILL die Gründe für das alles nicht analysieren. Mir ist egal, ob es eine späte Reaktion auf die Scheidung und das Verlassenwerden ist, oder ob dieser Wesenszug (den absolut NIEMAND in mir vermuten würde) vielleicht gut versteckt immer schon da war.
    
    Mein Herz schlägt jedenfalls deutlich, als ich den kleinen Koffer in meinen Wagen lade und losfahre.
    
    Ich bin übervorsichtig, lege knapp fünfzig Kilometer auf der Autobahn zurück und stelle das Auto in einer Parkgarage ab. Den letzten Teil der Strecke fahre ich im Taxi. Ich will unter keinen Umständen riskieren, dass ich durch einen dummen Zufall von Kollegen, Freunden oder Bekannten gesehen werde.
    
    Der Fahrer wirft mir im Spiegel einen langen Blick zu und sofort schießt die Verlegenheit heiß in mein ...
«1234...17»