1. Stefan


    Datum: 26.09.2019, Kategorien: Kunst, Autor: Anonym

    Stefan Klein war in unserer Stadt bekannt, wie ein bunter Hund. Er war angeblich als Unternehmer reich geworden, ein echter Selfmademan und seit ein paar Jahren ganz nebenbei noch zu einem der erfolgreichsten Konzertveranstalter der ganzen Region geworden. Auch aus den benachbarten Großstädten kamen die Besucher in Kleins Astoria.
    
    Aus der Zeitung kannte ich sein Bild. Das graue Haar sehr kurz geschnitten, ein Dreitagebart und immer ein Lächeln auf den Lippen, das unterstrich, wie sehr er sich gerade wieder über den neuen Coup freute, über den die Zeitung berichtete.
    
    Ich hatte ihn nie kennengelernt, er hatte mir aber hin und wieder zugelächelt, wenn ich ein Konzert oder eine Lesung besucht hatte. Doch ich hatte das Gefühl, das tat er mit allen. Er mochte sein Publikum und sie trugen ihn auf den Händen.
    
    Für mich war es mit den Veranstaltungen so eine Sache, allein ging ich einfach nicht gerne, so musste ich immer eine meiner Freundinnen für einen Ausflug gewinnen. Elke war 20 Jahre älter als ich, ihr Mann war frühzeitig gestorben und zu diesem Konzert hatte ich sie überreden können.
    
    Wir freuten uns auf Laura X, eine große Jazzsängerin und mit ihren bestimmt 50 Jahren immer noch eine attraktive Frau. Wir waren früh da, standen an der Bar und tatsächlich suchte mein Blick nach Stefan Klein. Ich entdeckte ihn, er steuerte direkt auf mich zu. Was wollte er von mir. Doch sein Interesse hatte Elke gegolten, er nahm sie in den Arm und küsste sie auf die Wange. Sein linker ...
    ... Arm blieb locker auf ihrer Schulter, als sie mich vorstellte. „Stefan, das ist Helen.“ Er gab mir die Hand, „Ich bin Stefan.“ War ich jetzt mit einem der einflußreichsten Männer der Stadt per Du.
    
    Als er weitergegangen war, um die Ansage zu machen und wir unsere Plätze eingenommen hatten, erzählte Elke kurz: „ Er ist so ein lieber Kerl, wir kennen uns noch aus Osnabrück. Hat mich sehr unterstützt als mein Mann starb. Schade, wir sollten uns öfter sehen.“ Sie bemerkte meinen Augenaufschlag. „Nein, Helen, nicht was Du denkst, da steht der, glaube ich, drüber.“
    
    Wir hatten tolle Plätze in der dritten Reihe und Stefan war nach der Ansage zu seinem Stammplatz in der ersten Reihe außen gegangen. Er saß da allein und versank in die Musik. Die Sängerin war ein Traum. Als die Band zu einem Instrumental ansetzte, kam sie plötzlich einfach runter und setzte sich neben Stefan. Legte sie sogar ihren Kopf an seine Schulter? Elke sah meinen neugierigen Blick. „Helen, verrenkt Dir nicht den Hals. Er kennt sie wirklich alle. Aber das hat nichts zu sagen.“
    
    Im Astoria gab es auch diese Ü30 Partys. Dieses Mal ging ich allein. Stefan lehnte um 10 schon etwas gelangweilt an einem Pfeiler und beobachtete das Treiben. Ich kannte das: es war voll, alles lief, irgendwann ging er dann und überließ den Rest seiner Crew. Er sollte nicht gehen. Ohne die zwei Gläser Sekt hätte ich mich nie getraut. Ich stellte mich neben ihn. „Ich bin …“ „Helen,“ ergänzte er, „die schöne Freundin von Elke.“ Er hatte ...
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