1. Die Augen der Medusa


    Datum: 21.02.2020, Kategorien: Sonstige, Autor: Aldebaran66

    ... erkennbarer weißer Faden, der herunterhing.
    
    "Wo ist Christian?", flüsterte Kerstin, und als ich mich zu ihr umdrehte, sah ich ihre weit geöffneten Augen, in denen man mehr Weiß erkennen konnte als sonst. Die Augäpfel waren nach oben ausgerichtete, gingen mehrmals ruckartig hin und her. Sandra, die danebenstand, zeigte kein Zeichen der Aufregung. Sie legte Kerstin einen Arm auf die Schulter, zog sie an sich heran. Kerstin vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und schluchzte laut.
    
    "Wir werden hier niemals rauskommen!", schrie sie auf einmal und es war klar zu erkennen, dass ihre Nerven nicht mehr mitspielten.
    
    Sandra drückte Kerstin von sich weg, sah sie kurz an und gab ihr eine schallende Ohrfeige. Es klatschte laut, als ihre Hand auf Kerstins Wange prallte.
    
    "Dreh mir hier nicht durch!", herrschte sie Kerstin an, die augenblicklich verstummte. "Wir sitzen in einem Boot und was wir hier nicht gebrauchen können, ist eine Wahnsinnige, die uns alle gefährdet!"
    
    Ich hatte mir vielem gerechnet, aber nicht damit. Ich stand mit offenem Mund und sprachlos da, konnte es nicht glauben. Unter diesen Umständen schien Sandra die Vernünftigste unter uns zu sein. Selbst ich verspürte aufkeimende Unruhe, die ich kaum unterdrücken konnte. Wie es bei Sandra aussah, konnte ich nicht einmal ahnen. Vielleicht konnte sie es besser wegstecken. Es war bewundernswert.
    
    Kerstin stand mit gesenktem Kopf vor Sandra, die sie erneut in den Arm nahm, sich mit ihr umdrehte und zu unserem ...
    ... Ausgangspunkt zurückging. Hier setzten sich die beiden hin, ich mich daneben. Das Licht wurde ausgeschaltet.
    
    "Und was nun?", hing Sandras Frage in der Luft, auf die ich keine Antwort kannte.
    
    "Ich weiß es nicht!", war meine Antwort, die danach klang, als wenn ich aufgegeben hatte. Als ich mein Handy anmachen wollte, flackerte es kurz auf, gab danach den Geist auf. Blieb mein Feuerzeug und das letzte Handy übrig, dessen Akku kurz vor dem Ende war.
    
    Kapitel 6
    
    Wie lange wir in der Dunkelheit wortlos gesessen hatten, ließ sich nicht sagen. Es konnten Minuten oder eine Stunde gewesen sein, wahrscheinlich das Erste. Hatte man Angst und keinen Anhaltspunkt, spielte das Gefühl für Zeit verrückt.
    
    Ich wollte gerade was sagen, irgendwas, damit es die atemlose Stille durchbrach, als Kerstin mir zuvor kam.
    
    Sie schrie auf, und ich hörte Sandra, wie sie versuchte Kerstin zu beruhigen. "Ich halte das nicht mehr aus!", schrie sie plötzlich laut in die Dunkelheit, "Wir kommen hier nie wieder raus. Das macht alles keinen Sinn mehr!"
    
    "Ganz ruhig!", versuchte Sandra sie zu beruhigen, doch es brachte nichts mehr, im Gegenteil. "Ruhig sein? Du meinst still? Was glaubst du, was das bringen soll? Wir werden hier in der Stille verrecken, genauso wie Christian. Dann doch lieber schnell, als darauf zu warten. Lass mich los!" Ich hörte die beiden neben mir, wurde angestoßen und konnte mir anhand der Geräusche vorstellen, dass sie miteinander rangelten.
    
    Als ich mit eingreifen wollte, war es ...
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