1. Grober Sand 07


    Datum: 08.04.2021, Kategorien: Nicht festgelegt, Autor: byLoreleyColter

    ... diesem Augenblick, ja, ich nehme es ganz bewusst und in aller Deutlichkeit wahr, dass mein Gesicht die Konsistenz verliert. Mein Unterkiefer gibt der Schwerkraft nach und folgt damit der Bewegung meines Magens. Dafür finden meine Hände plötzlich ihre Kraft wieder und ballen sich zu Fäusten.
    
    Die letzten sechsundreißig Stunden spulen sich im Zeitraffer vor meinem geistigen Auge ab. Ohmacht, Aufwachen, Fesseln, Gürtel, Schläge. Finger. Schwänze in meinem Mund, Kiefersperre, mehr Schläge, irgendwas in meinem Arsch. Und Fragen, die ich nicht beantwortet habe.
    
    Alles umsonst. Ich habe die Fresse gehalten, mitgespielt, und alles umsonst.
    
    Das soll wohl ein Witz sein.
    
    Er sieht, dass ich die Kontrolle verliere. Dass mir alles abhandenkommt, alles ... Er packt mich und zieht mich auf die Beine. Ich kann ihn nur ansehen und sein Gesicht hilft mir nicht. Eigentlich macht es alles nur noch schlimmer. Sie haben mich gequält und benutzt und jetzt soll ich noch den braven Soldaten geben? Er schüttelt mich, aber es ist nicht mehr viel in mir, das er wecken kann. Ich will nicht mehr mitspielen. Ihr habt mich alle verraten.
    
    Mein Körper will nachgeben und zu Boden gleiten wie ein nasser Sack, aber er wird aufgefangen. Arme umfangen mich und halten mich fest. NEIN. Ihr könnt alle verrecken, lasst mich in Ruhe! Ich will nicht mehr.
    
    Er wickelt mich ein in seine Umarmung und als ich mich wehre, nach ihm schlage und trete, ringt er mich zu Boden. Reißt mich zurück in die harte ...
    ... Realität.
    
    „Ich habe dich nicht verraten. Ich bin immer noch hier." Mein Kopf wird auf den Boden gedrückt. Er liegt auf mir. „Du bist noch nicht fertig."
    
    Ich will nach ihm krallen und mich endlich an jemandem rächen, mich an ihm rächen. Aber ich habe ihm nichts entgegenzusetzen. Hatte ich nie. Er lässt einfach sein Gewicht auf mir lasten und zwingt mich zur Ruhe.
    
    Ich überzeuge meinen Körper weiterzuatmen. Sandkörnchen reiben an meiner Wange. Ich konzentriere mich auf das schabende Gefühl und erlange ein Minimum an Selbstbeherrschung zurück.
    
    Er erkennt es und hebt sich ein Stück. Nachdem er sich versichert hat, dass ich nicht wieder ausraste, steht er auf und streckt mir die Hand hin. Ich ergreife sie, widerwillig, aber von alleine komme ich nicht wieder auf die Beine.
    
    Mit den letzten Reserven kann ich mich aufrecht halten. Er betrachtet mich und er erkennt ganz genau, dass ich nur menschlichen Instinkten folge, die es nicht gern haben, am Boden zu kriechen. Es kommt nicht aus meinem Willen, dass ich aufgestanden bin. Es ist nur Psyche. Mir selbst wäre es bewusst scheißegal, ob ich immer noch im Dreck liegen würde. Es ist vorbei.
    
    Er packt mein Kinn. Seine Finger graben sich in meine Wangen. „Diana."
    
    Ich kann nicht ... Ich weiß, was er will. Ich soll ihm in die Augen sehen, aber ich kann nicht.
    
    Er drückt meinen Kopf in den Nacken, und ich taumle rückwärts. Er lässt es geschehen. Ich stoße mit dem Rücken gegen die Gitterstäbe. Eine kleine Stimme in meinem ...
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