Nachhilfe
Datum: 09.06.2021,
Kategorien:
Romantisch
Autor: postpartem
... Spielchen aufhörte. Keine Anspielungen mehr. Keine zufällige Hautschau. Keine gehauchten Geständnisse im Ohr, die mir die Haare zu Berge stehen ließe. Nein. Das nicht. Aber...
Haut bekam ich ohnehin mehr als genug von ihr zu sehen. Wir gingen tatsächlich öfter schwimmen, an dem großen Badesee in der Nähe. Und Mutter und Tochter sonnten sich wie angekündigt oben ohne. Wobei das Töchterchen für ihr Bikini-Unterteil einen Waffenschein benötigte.
Aber keine Aufforderung, ihr den Rücken einzucremen, oder sonst etwas, was man als einen ihrer sonstigen halboffensichtlichen Tricks hätte verstehen können. Schwamm mit uns, lachte mit uns, ging mit uns ins Kino, spielte "normale" Spiele mit uns. Machte für uns diese Zeit zu einem großartigen Erlebnis.
Wo wir uns fast wie eine kleine Familie fühlten. Machte keinerlei Annäherungsversuche, die als Fortführung ihrer Spielerei gewertet werden konnte. Stattdessen... redete sie mit mir. In Momenten, wo wir alleine waren. Die aufgrund meiner Schichtarbeit wie in der vorletzten Woche der gemeinsamen drei Wochen häufiger geworden waren. Ramona war bei der Arbeit, und wir, bis Elmira mich abholte, allein.
Schüttete mir nach und nach ihr Herz aus. Erzählte, wie sie die Scheidung damals erlebt hatte. Was sie empfunden hatte, als sie von Ramona erfuhr, warum es dazu gekommen war. Wie sehr es sie getroffen hatte. Und das Verhältnis zu ihrem Vater zumindest für den Moment zerstört.
Von ihren Freundinnen, mit denen sie zum Teil Probleme ...
... hatte. Weil sie mit deren oberflächlichen Umgang mit allem und jedem die Schnauze voll hatte. Von den nervigen Blicken der Jungen, die sie wie ein Stück Fleisch anstarrten. Nicht sie, sondern nur einen Körper sahen. Und sich selbst, niemals sie.
Von ihrer Mutter. Wie sie Angst um sie bekommen hatte. Weil sie nach der Scheidung so hart und unnahbar geworden war, alles nur noch abspulte. Sich beim Versuch, den dreien alles zu ermöglichen, alles zu geben, gleichzeitig alles zu sein, aufrieb.
Nur noch ein Schatten ihrer selbst war. Oft verzweifelt gewesen war. Sich im Stich gelassen gefühlt hatte, aber auch keine Unterstützung wirklich annehmen wollte. Die Ohnmacht, dass sie ihr nicht helfen konnte. Die Freude, als sich das plötzlich änderte. Sie plötzlich wieder lächeln, Freude, Glück empfinden konnte.
Und nicht nur sie. Svenja selbst, die sich einfach nur noch treiben gelassen hatte, in einem Meer aus Enttäuschung und Angst. Frustration und Sehnsüchten. Merkte, wie ihr alles aus den Fingern glitt. Alles was ihr vorher wichtig und vertraut gewesen war. Die Freundinnen, mit denen sie keine Bezugsebene, außer wegzugehen und Party zu machen, mehr fand.
Die Schule, wo sie sich einfach nicht mehr aufraffen konnte, mitzumachen, zuzuhören, Hausaufgaben zu machen. Und dann die Quittung bekam. Sich in Selbstmitleid und Trotz erging. Keinen Ausweg mehr sah. Den Clown spielte, die coole Sau, damit ihr bloß niemand mehr zu nahekam. Sich so lange einredete, dass ihr alles egal ...