1. Die erste Freundin von Michael


    Datum: 01.05.2019, Kategorien: Erstes Mal Autor: byspkfantasy

    Eine Geschichte aus den frühen sechziger Jahren ohne muskelbepackte, heldenhafte Mannsbilder und ohne glamouröse mannequinhafte Frauen, sondern mit zögernden, fehlerbehaften und unerfahrenen Personen, die dann auch die Fehler ihrer Mitmenschen tolerieren. Eine Geschichte, wo nicht alles so ist, wie es zuerst zu sein scheint.
    
    *
    
    Die Ankunft am Bahnhof
    
    Ich war zufrieden wie selten zuvor. Endlich hatte ich es im Juli geschafft. Das Abitur und mein erster eigener Urlaub ohne Muttern. Meine Mutter war eine von diesen Glucken, die sich zu viel Sorgen über ihren Sohn machten. Endlich hatte ich es durchsetzen können. Ich verabschiedete mich von ihr:
    
    „Mach Dir keine Sorgen, Mutsch. Ich bin jetzt praktisch erwachsen. Ich habe mein Abi. Ich habe meinen Führerschein. Ich habe mein Postsparbuch. Alles ist gut!"
    
    „Michael - gerade, weil Du jetzt den Führerschein hast, mache ich mir Sorgen. Versprich mir, dass Du vorsichtig fährst, wenn Dir Tante Iris oder Onkel Schorsch erlauben, mit ihrem Auto zu fahren!"
    
    Da konnte ich nur mit den Augen rollen. Erstens war das unwahrscheinlich. Nach dem was ich wusste, hegten und pflegten sie ihren altersschwachen Opel Kadett aus dem Jahr 1938 wie ein Baby. Die Chance, dass ich den PKW fahren konnte, war gleich Null. Zweitens konnte ich gut fahren, wie mir der Fahrlehrer bestätigt hatte. Es wurde höchste Zeit, dass ich einmal das elterliche Nest verließ. Meine alleinstehende, verwitwete Mutter erdrückte mich mit ihrer Liebe und Sorge. ...
    ... Abends ausgehen wie viele meiner Klassenkameraden war nicht drin, weil sie sich Sorgen machte, wenn ich ausging - und weil das Geld fehlte. Meine Mutter war keine geschickte Geschäftsfrau noch konnte sie gut verkaufen. Mein verstorbener Vater hatte uns ein Musikhaus vermacht, welches wegen Kriegsschäden inzwischen aufwendig renoviert werden musste. Das dazu aufgenommene Darlehen fraß das spärlich fließende Einkommen aus dem Geschäft mehr oder weniger vollständig auf. Meine Sommerferien konnte ich nur deshalb in einem kleinen Nest im Landkreis Kaiserslautern verbringen, weil mich meine Tante Iris dazu eingeladen hatte und mir eine Eisenbahnfahrkarte gesandt hatte.
    
    Als ich am Sonntag am Bahnhof in Kaiserslautern ankam, wurde ich bald von der ganzen Korona empfangen. Ich hatte sie alle seit gut zehn Jahren nicht mehr gesehen. Nur Oma Gertrude war nicht erschienen, da es zu mühsam für sie war.
    
    Onkel Schorsch Mühle war alt geworden. Seine Kriegsverletzung schien ihm arg zu schaffen zu machen. Er würde bald in den vorzeitigen Ruhestand gehen, hieß es. Er war seit 1956 wieder Stabsoffizier in der neu gegründeten Bundeswehr und immer noch aktiv. Er verdiente gut für einen Staatsdiener.
    
    Tante Iris war resolut und aktiv wie immer. Sie war Hausfrau und zufrieden damit. Üblicherweise kannte ich sie am Alltag nur in bequemen Hauskitteln. Ihre Lockenfrisur war wie ein Betonpanzer um ihren Kopf gelegt. Zur Feier des Tages trug sie eine weiße, feine Bluse und einen schwarzen Rock. Man ...
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