Weeslower Chroniken VIII - 2007 - Inês - Kapitel 3 – Niklas
Datum: 25.10.2022,
Kategorien:
Schamsituation
Autor: nudin
... sog sogleich die leicht stickige, aber kühle Luft ein, den vertrauten Geruch aller rechtgläubigen Gotteshäuser. Mit in Weihwasser getauchten Fingern bekreuzigte sie sich und suchte sich dann eine hintere Bank zum Niederknien und Beten. Sie war allein. Dass ihr Schoß unter dem Kleid schutzlos war, war nun, im heiligen Schoße ihrer Kirche, unwesentlich. Sie fühlte sich wieder gut und rein. Und doch hatte sie das dringende Bedürfnis, ein inneres Zwiegespräch mit ihrem Gott zu halten. Es war so viel passiert in diesen Wochen. Und sie kniete hier nicht mehr als Jungfrau.
Aber all das schien ihr gut und richtig. Gott widersprach ihr nicht. Sie hatte im Hineingehen den Beichtstuhl gesehen. Sie hielt nichts vom Sakrament der Beichte, alles, was sie Gott zu sagen hatte, konnte sie im Gebet klären. Aber beim Gedanken an das, was sie zu beichten gehabt hätte, kam ihr bei all dem anderen, was vielleicht stärker wog, als erstes eines in den Sinn: Verführung Minderjähriger. Niklas. Aber war es Sünde, einen kleineren Jungen zu begehren? Sie war doch selbst noch manchmal wie ein Kind. Nein, dies hier war etwas Schönes, Reines, Gutes, beruhigte sie sich, und dennoch werde ich es nicht dazu kommen lassen, ich gebe ihm noch ein paar Jahre.
Gestärkt und ermutigt verließ sie die Kirche und fuhr zur Kita. Daheim suchte sie aus ihrem Koffer das kleine silberne Kreuz, das ihre Mutter ihr als Kind geschenkt hatte und das sie, ohne besonderen Grund, einige Monate nicht getragen hatte, ...
... fädelte es in ein kleines Lederband und legte es nun wieder um den Hals.
*
Niklas musste nicht lange auf ein Wiedersehen warten. Inês kam am nächsten Tag nach ihrem Seminar gegen zwei Uhr im Bad an. Nadine wollte die Kleinen selbst aus der Kita abholen, erst abends würde sie sich um die beiden kümmern müssen, und so nutzte sie das weiterhin herrliche Sommerwetter. Das Zusammensein mit Niklas empfand sie als sehr angenehm, so groß der Altersunterschied – fast sechs Jahre - auch war.
„Musst Du heute etwa wieder Klavierunterricht geben?“ fragte sie ihn, als er begann, sich nach kurzer Zeit zum Gehen fertig zu machen.
„Nein, heute übe ich für mich. Ich habe in zwei Wochen eine Prüfung. Ich will unbedingt bestehen. Ich möchte gern nach der Schule Musik studieren.“
„Ich kann auch ein bisschen spielen“, sagte Inês, „aber es ist wie beim Tischtennis, ich bin auch da nicht in Übung. In letzter Zeit hatte ich keines zur Verfügung.“
„Ich bringe es Dir wieder bei!“ sagte er strahlend, „komm doch einfach mit! – Werde doch einfach meine Schülerin!“
Sie zögerte. Gar keine schlechte Idee, wieder Unterricht zu nehmen, dachte sie. Eigentlich hatte sie noch länger im Bad bleiben wollen, aber sein bettelnder Blick ließ sie schwach werden. Außerdem war sie schon ein bisschen neugierig zu sehen, wie er so wohnte und lebte.
Also radelte sie mit ihm nach Hause. Niklas führte sie herum, einmal durch das Erdgeschoß, dann auf die Terrasse. Er wohnte in einem großzügigen ...