Berufserfahrung zahlt sich aus 02
Datum: 28.10.2019,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
Autor: bySPBerg
Berufserfahrung zahlt sich aus
Teil II -- Kleider machen Leute
Vorbemerkung: Auf die hier im weiteren Verlauf geschilderten Geschehnisse kann ich wahrlich nicht stolz sein. Dennoch fühle ich einen therapeutischen Drang, sie niederzuschreiben. Wie mein Leben seinerzeit, entwickelt sich die Geschichte langsam, beginnt sie unschuldig und harmlos. Sollten meine laienhaften Schilderungen die Leser nicht abschrecken, werde ich die Erzählung fortsetzen, so kriminell und abstoßend sie im weiteren Verlauf auch werden mag.
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In der engen Küche stapelten sich dreckige Teller und Gläser schon in zwei Lagen. Aus dem Wohnzimmer schallten Musik und entfernte, angeregte Gespräche zu uns hinüber. Hier stand ich nun mit meinem Ex-Kollegen, den ich nur vom sehen her kannte. „Komm doch mal mit in die Küche, wenn dich das wirklich interessiert. Da können wir uns in Ruhe unterhalten.", sagte er zu mir. Dabei wollte ich doch eigentlich nur höflich Konversation betreiben, als ich ihn fragte, wie ihm sein neuer Job bei „Big Blue" gefällt. Jetzt nahm die eigentlich langweilige Wohnzimmerparty für mich doch noch eine interessante Wendung.
In den blumigsten Worten schilderte er mir die Arbeit für den Weltkonzern. Mein Interesse war auf jeden Fall geweckt, denn mein Einstiegsjob bei einer mittelständischen Firma war eine einzige Unterforderung. Er bot an, eine Empfehlung auszusprechen und meinen Lebenslauf an seinen Arbeitgeber weiterzugeben. Im Erfolgsfall würde er dafür eine ...
... stattliche Prämie kassieren. Das sei ihm gegönnt. Hauptsache, ich komme schnell aus dem piefigen Laden raus und einen Schritt weiter auf der Karriereleiter.
Eine paar Tage später hatte ich tatsächlich eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch. Mit meinem klapprigen Corsa fuhr ich also nach Köln am Rhein. Viel zu früh kam ich auf dem Besucherparkplatz an, so dass ich im Auto wartend die ziemlich beeindruckenden Schwärme von 3er BMWs und C-Klassen bewundern konnte, mit denen die Mitarbeiter von „Big Blue" wie fleißige Bienchen die Tiefgarage umschwirrten.
Meine potentiell zukünftige Vorgesetzte, eine graue Maus mittleren Alters, führte das Bewerbungsgespräch in ihrem schicken Einzelbüro. Nach den unvermeidlichen und quälenden „Stärken? Schwächen? Warum gerade Sie?" Standardfragen aus dem Handbuch für Neueinstellungen wurde das Gespräch ungezwungener. Statt lange zu reden klappte ich meinen mitgebrachten Laptop auf und zeigte ihr meine selbst entwickelte Börsensoftware. Diese hat einen graphischen Teil für Chartanalysen, der -in aller Bescheidenheit- einfach nur phantastisch aussieht. Ab diesem Moment war mein Talent und meine Qualifikation betreffend alles geklärt.
In der Folge erfuhr ich, dass ich für die hier ansässigen Behörden und andere öffentliche Auftraggeber als Anwendungsentwickler tätig werden sollte. Meine Gesprächspartnerin war nebenbei auch Qualitätsmanagerin, daher beschrieb sie mir in der verbliebene Zeit die Prozesse von „Big Blue" detailliert. Für meinen ...