1. Berufserfahrung zahlt sich aus 02


    Datum: 28.10.2019, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: bySPBerg

    ... Geschmack viel zu detailliert. Wir verabschiedeten uns freundlich und sie Versprach, dass sich schon bald jemand von der Personalabteilung wegen eines zweiten Bewerbungsgesprächs melden würde.
    
    Ein tiefes Bauchgrummeln durchfuhr mich während der Heimfahrt. Zwar war ich stolz, das Gespräch bei diesem Top Arbeitgeber gut gemeistert zu haben, aber konnte ich mir vorstellen, für irgendwelche Behörden zu arbeiten? War ich nicht noch zu jung für die Frührente? Dann auch noch mit dieser Erbsenzählerin als Vorgesetzte? Bekanntermaßen gefallen mir Frauen in Business-Kostümchen. Normalerweise. Diese lebende Hornbrille konnte mit ihrer drögen Ausstrahlung aber bestimmt die härtesten Schwänze erweichen.
    
    Was würde ich machen? Konnte ich eine solche Gelegenheit ausschlagen? Zwei Tage schlief ich schlecht, dann kam der Anruf der Personalabteilung. Man wolle mir beim zweiten Gespräch gleich einen Arbeitsvertrag vorlegen. Stille in der Leitung. Nach einigen Sekunden fasste ich den Mut, abzusagen. Ich schob vor, dass mir Köln zu weit von meinem Wohnsitz -wie ich mich gekünstelt ausdrückte- entfernt wäre. „Wenn die wüssten, dass ich noch bei meinen Eltern im Kinderzimmer wohne.", durchfuhr mich als unangemessen komischer Gedanke. Man äußerte Bedauern und fragte zu meiner Überraschung, ob man meine Bewerbung intern noch an andere Standorte weiterleiten dürfe. Man durfte.
    
    „War ich eigentlich wahnsinnig?", fragte ich mich immer wieder, „Solch eine riesige Chance schlägst du einfach aus! ...
    ... Dann wirst du in der Butze versauern.". Gleichzeitig ergriff mich aber eine totale Erleichterung. Man muss wissen: Bis zum heutigen Tag arbeite ich nur in absoluten Ausnahmefällen für weibliche Vorgesetzte. Frauen der Welt, entschuldigt meinen Chauvinismus! Ich liebe euch! Nicht nur eure Körper, eure Brüste, eure Vaginen in allen Farben und Formen. Ihr trefft normalerweise auch die klügeren Entscheidungen, das gestehe ich euch gerne zu. Seit der Steinzeit schlummert in euch aber ein Verhaltensmuster, das man in technischen Projekten so gar nicht gebrauchen kann: Technik steckt voller Fehler. Ihr hebt die daraus resultierenden Probleme leider reflexartig auf eine Beziehungsebene, statt sie einfach zu lösen. Ob der Herr Meier gut mit dem Schröder kann, interessiert mich nicht die Bohne. Fix einfach den verdammten Bug, dann ist zwischen Meier und Schröder alles in bester Ordnung. Vielleicht ist das ein Geheimnis meines Erfolges.
    
    Tatsächlich kam ein weiterer Anruf. Jochen war dran, Teamleiter bei „Big Blue" in unserer Landeshauptstadt und zuständig für Finanzdienstleister. Mit ihm führte ich das zweite Gespräch. Gespräch ist vielleicht etwas viel gesagt. Er war bereits gut über mich informiert und wollte mich offensichtlich haben. Er betete mir in einem langen Monolog eigentlich nur die Vorzüge des Unternehmens vor: Gehalt, Erfolgsprämie, Firmenwagen, Zusatzrente, Versicherungen, vermögenswirksame Leistungen, Spesenkonto, teure Hotels und so weiter und so weiter. Ein Mann ganz ...
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