Die pikanten Abenteuer des Barons von Münchhausen
Datum: 06.04.2020,
Kategorien:
Humor
Autor: Achterlaub
Schon seit Jahren sammle ich Bücher. Es sind die handwerklich und künstlerisch besonders sorgsam gefertigten bibliophilen Ausgaben und selbstredend die Erstauflagen eines Werkes, die meine Sammelleidenschaft anspornen. So verbringe ich manche Stunde in Antiquariaten, durchwühle Kartons auf Trödelmärkten oder sichte Nachlässe von Privatpersonen auf brauchbare Stücke. Hierzu gehören natürlich auch die Klassiker der erotischen Weltliteratur. Einen Sacher-Masoch, einen de Sade oder die Fanny Hill und die Lady Chatterley finden Sie selbstverständlich in meinem Bücherschrank.
Ich erinnere mich genau, es war an einem regnerischen Dienstag, als ich in meinem Lieblings-Antiquariat eine gerade eingetroffene Kiste mit Büchern durchwühlte. Mir fiel sogleich einer der Bände auf. Er war in feines hellbraunes Leder gebunden, die Inschrift in Blattgold gefasst. Es war augenscheinlich eine wertvolle Ausgabe. Als ich den Einband aufklappte, leuchtete mir erkennbar handgeschöpftes Papier von makelloser Farbe und ohne Stockflecken entgegen. Der ganze Band schien von ausgesuchter Qualität. Allerdings machte mich der Titel stutzig: "Die pikanten Abenteuer des Barons von Münchhausen". Ich fürchtete, es sei eine der immer wieder vorkommenden, zumeist wenig schmeichelhaften literarischen Ergüsse eines Unbekannten, der mit dem Namen dieser berühmten Person einfach nur ein gutes Geschäft machen wollte. So blätterte ich einige Seiten um, bis ich auf die Einleitung des Werkes stieß, das wie das Buch ...
... im Übrigen in Fraktur gesetzt war. Dort hieß es auszugsweise:
"... Allenthalben mich mein Verleger im Stich gelassen, obzwar ich ihm so manchen Goldtaler durch meine Reiseberichte verschafft. Er scheint ein wahrer Tölpel, so er mir nicht Gelegenheit verschafft, die Gesamtheit meiner Aventiure meinem geneigten publico zur Kenntnis geben zu können. ...
Dieserhalben es mir als Aufgabe schien, dieses Liber höchstselbst zu gestalten, indem ich mit eigenen Händen das Papier schöpfe, es nach dem Pressen und Trocknen alsdann schneide und im Handdruck mit den gehörigen Lettern versehe. Auch der Einband ist von eigener Hand gefertigt aus dem Leder der afrikanischen Ameise, gegerbt alsdann mit gelagertem Katzendreck, damit er die notwendige Elastizität erlange...
... Von diesem Biblio es nur 20 Exempli gebe, die allesamt an gute Freunde verschenkt ihnen die gehörige Anschauung von den Annehmlichkeiten als auch den Widrigkeiten des Reisens verschaffen möchten. So seid vergewissert, dass keines der Geschichten als Mär verstanden sein mag, sondern die ungeteilte Wahrhaftigkeit meiner Erlebnisse widerspiegelt....
Ihro Baron von Münchhausen".
Beim Lesen dieser Eingangssequenz verlor sich langsam meine Skepsis an der Authentizität des Werkes. Es schien alles zu passen: die alte Schrift, die zuweilen merkwürdige Satzformung, aber auch Einband und Papier. Wer würde sich schließlich die Mühe machen, so viel Arbeit und Geld in etwas zu investieren, was sich schließlich mehr zufällig ...